Homeland – Das Spiel
Selten war die Bedrohungslage so hoch
Um Amerika und den Rest der Welt steht es nicht gut. Zumindest sieht es gar nicht gut aus, wenn unsere Redaktion in Sachen Terrorbekämpfung unterwegs ist. Müsste ich uns ein Zeugnis ausstellen, hieße es: Sie waren stets bemüht. Zwar haben wir sehr wohl unser Bestes gegeben und sogar einmal gewonnen. Doch war das ein sehr knapper, arg verlustreicher Sieg. Spätestens nach diesem zweiten Durchgang hatten wir verstanden, dass man bei Homeland – Das Spiel wirklich aufmerksam sein muss und wahrlich niemandem trauen darf.
Im de Maizièrschen Sinne fühle ich mich genötigt, darauf hinzuweisen, dass Teile dieser Rezension unsere Leserschaft verunsichern könnten.
Worum geht es bei Homeland – Das Spiel?
Wie in der gleichnamigen TV-Serie dreht sich auch im Spiel alles um die allgegenwärtige Bedrohung der USA durch Terroristen. Ständig, nahezu im Minutentakt, planen hier Organisationen wie militante Separatisten, religiöse Extremisten, politische Splittergruppen oder auch Einzeltäter üble Attentate wie Entführungen, Briefbomben-Anschläge, Meuchelmorde oder das Lahmlegen des Stromnetzes. Jede Runde kommen so viele neue Bedrohungen hinzu, wie Spieler am Tisch sitzen. Dabei unterliegen nicht alle derselben Bedrohungsstufe. Um niedrig eingestufte Bedrohungen müssen sich die Spieler nicht direkt kümmern. Als Leitende Ermittler, die parallel immer mehrere Fälle betreuen, sollten sie aber keine Bedrohung aus dem Blick verlieren, denn Runde um Runde rücken diese auf der Skala der Gefährlichkeit eine Stufe höher.
Haben sie die Stufe der unmittelbaren Bedrohung erreicht, ist nicht nur Holland in Not. Die Attentate finden weltweit statt, so zum Beispiel auch in Frankfurt, Paris, Moskau, Bagdad oder Auckland. Alleine kann ein Leitende Ermittler da nicht viel ausrichten. Zumal Ermittler immer nur reagieren können: Jede Runde beginnt mit dem Terroristenzug. Erst im zweiten Schritt können die Ermittler aktiv werden. Dabei können und sollen sie sich gegenseitig warnen und Dinge sagen wie: »Leute, das sieht hier gar nicht gut aus. Da müssen wir ran!« Nur wenn das Team frühzeitig genug reagiert, kann es die Welt retten. Wobei allerdings leider nicht offenliegt, wer hier eigentlich welche Ziele verfolgt.
Die Rollen
Loyale Agenten wollen natürlich nichts anderes, als im Auftrag ihrer Behörde Länder und Leute zu beschützen. Allerdings haben sie auch eigene Karriereinteressen: Bevor sie alles in die Bedrohung eines Kollegen investieren, verhindern sie doch besser ihre eigene und sammeln so Ansehen. Schließlich könnte es sich bei dem Kollegen um einen Politischen Opportunisten handeln. Dass man denen nicht trauen kann, liegt auf der Hand: Im Zweifel lassen die ein Attentat gelingen, nur um politischen Einfluss zu gewinnen. Oder die Bedrohung wird von einem Terroristen-Maulwurf betreut. Wenn der wirklich gut ist, bequatscht er dich, deine eigenen Interessen hintanzustellen – nur um dich und deine Manpower zu schwächen. Nun kann man aber leider noch nicht mal sicher sein, dass es überhaupt einen Maulwurf am Tisch gibt. Es kann nämlich gut sein, dass der bei der Rollenverteilung gar nicht gezogen wurde.
Soldaten, Agenten und Kontakte
Manpower in Gestalt von Soldaten, Agenten und Kontakten kann jeder Spieler erhalten und zum gegebenen Zeitpunkt einsetzen. Soldaten können zum Beispiel Einblick in die verfügbaren Informationen zu einer Bedrohung erhalten. Agenten hingegen dürfen sich den geplanten Anschlag genauer anschauen. Beide sind relativ leicht zu bekommen, bei Weitem aber nicht so mächtig wie Kontakte, für die Spieler mit ihrem Ansehen und ihrem Einfluss zahlen müssen.
Die Investition lohnt sich: Ein Kontakt wie zum Beispiel Nicolas Brody kann über Wohl und Wehe des gesamten Spiels entscheiden. Saul Berenson beschert seinem Leitenden Ermittler bei jeder Rekrutierung eines Kontaktes einen Agenten, zudem erhält man bei jedem Agenteneinsatz eine Informationskarte. An beide Herren kommt man übrigens auch über ihre Frauen ran. Das wirkt nur auf den ersten Blick chauvinistisch; es gibt umgekehrt nämlich auch männliche Figuren wie Captain Mike Faber, der einem die Rekrutierung von Mrs. Brody ermöglicht. Andere Kontakte wie David Estes können, sofern wenigstens zwei Soldaten vor Ort sind, einen Drohnenangriff befehligen und damit eine Bedrohung zerschlagen.
Mit Informationen Bedrohungen beeinflussen
Abgesehen von diesen eher seltenen Drohnenangriffen (die im Übrigen – anders als in der Serie –niemals versehentlich Hochzeiten sprengen), gibt es nur einen Weg, den Ausgang einer Bedrohung zu beeinflussen: Die Spieler fügen ihnen Informationen hinzu. Dabei tragen rote Informationen wie das Rücken der Bedrohung in den Fokus der Medien, eine aufgeflogene Agentenliste oder ein Schläfer dazu bei, dass die Bedrohung gelingt. Blaue Informationen wie der anonyme Hinweis, das strenge Verhör oder das Einsetzen eines Überläufers dienen der Neutralisierung. Goldene Informationen können zu einem Überraschungsangriff führen, aber auch die konkrete Bedrohung direkt neutralisieren oder den Leitenden Ermittler durch eine psychiatrische Beurteilung enttarnen. Dann muss der seine Höschen runterlassen und alle seine Informationen sowie seine Agenten offenlegen.
Unmittelbare Bedrohungen und das Spielende
Sobald eine Bedrohung unmittelbar ansteht, kommt es zur Analyse des Falls. Nur wenn genügend blaue Informationen zusammengekommen sind, ist die Bedrohung neutralisiert. In diesem Fall erhält das Ermittlerteam Ansehen und klettert mit Markern die Fortschrittsleiste hoch. Leitende Ermittler können im Erfolgsfall zudem mit zusätzlichem Ansehen rechnen. Gelingt hingegen die Bedrohung, erhalten alle Spieler politischen Einfluss (!) und die Terroristen kommen auf ihrer Fortschrittsleiste voran.
Das Spiel ist beendet, sobald eine der beiden Fortschrittsleisten mit Markern komplett gefüllt ist. Ist die Terror-Leiste als erstes voll, gewinnt der Maulwurf. Sollte gar kein Maulwurf mitgespielt haben, haben alle verloren. Ist die Leiste der Ermittler als erstes gefüllt, beschuldigen die Spieler sich gegenseitig, der Maulwurf gewesen zu sein, und erhalten im Erfolgsfall Plus-, ansonsten Minuspunkte. Diese tragen mit zur individuellen Gesamtpunktzahl bei. Dabei geht es wie im wahren Leben zu: Die Loyalen rühmen sich mit ihrem Ansehen, die Opportunisten protzen mit ihrem Einfluss und die Maulwürfe lachen sich ins Fäustchen, weil für sie der Terroristenerfolg gleich doppelt zählt.
Unboxing Homeland – Das Spiel
Wer das Spiel auspackt, fühlt sich erst einmal ein bisschen erschlagen. Zu dem großen Spielbrett gesellen sich ein Analyse-Spielplan sowie eine Menge unterschiedlicher Karten zu Organisationen, Anschlägen, Kontakten, Informationen und Rollen. Außerdem gibt es einen Haufen kleiner Plastikfigürchen und unzählige Marker für Ansehen, Einfluss und Fortschritte. So geschmackvoll das Design eines jeden Elementes auch ist, das alles will erst mal überschaut sein. Also zückt man die Spielanleitung und arbeitet sich durch schlappe 18 Seiten Regelwerk. Wenngleich auch diese Anleitung geschmackvoll gestaltet ist, gibt es in Hinblick auf die Verstehbarkeit durchaus noch Luft nach oben. So fehlte uns ein Narrativ, das einem neben der Fülle an Details des eigentlichen Regelwerkes das große Ganze näherbringt.
Wie jedes gute Spiel liefert auch Homeland – Das Spiel bei aller, zum Teil herrlich absurden Fiktion erschreckend viel Realitätsnähe. Ansehen bei Erfolg, Einfluss bei Misserfolg – klar, wie im wahren Leben! Nur dass wir diesen Aspekt beim ersten Durchlauf ob der vielen Regeln leider schon wieder vergessen hatten und ich mich als Opportunistin fragte, wie ich jemals genug Einfluss erhalten soll, um dieses Spiel gewinnen zu können.
Ein Spiel für ambitionierte Hobbyisten
Die Autoren des Spiels (Archivlink) gehen von drei bis sechs Spielern ab 14 Jahren aus, die 90 Minuten für einen Durchgang brauchen. Wir waren zu viert mit einem Durchschnittsalter von 30+ und brauchten mehr als zwei Stunden. Was aber vielleicht auch damit zu tun hatte, dass wir dem Spiel mit sehr viel Ironie begegnet sind und die Aufforderung zur Kommunikation sehr ernst genommen haben. Gelitten darunter hat hauptsächlich der Rollenspielprofi unter uns ambitionierten Hobbyisten: Ständig der Maulwurferei bezichtigt, fühlte er sich zurecht gemobbt und konnte keinen Blumentopf gewinnen. Am Ende eines langen Abends kamen wir zu der Erkenntnis, dass man mit dem Erklären der Regeln vielleicht doch besser bereits direkt nach dem Mittagessen beginnen sollte. Dann besteht die reelle Chance, sich durch mehrfaches Spielen ein tieferes Verständnis zu erarbeiten und somit Amerika und den Rest der Welt noch vor Mitternacht vor Terroristen zu beschützen.
Nun aber auch mal ganz im Ernst: Das Spiel eignet sich sicherlich nicht für jeden. Einladungen zu unserer Spielrunde haben wir schon mal nicht an jene ausgesprochen, von denen wir wussten, dass sie ein langwieriges Regelstudium nicht mögen. Auch ein später zur Runde Hinzukommen ist nicht zu empfehlen. Wer sich spätestens seit den realen Ereignissen hierzulande tatsächlich ständig bedroht fühlt, ist wahrscheinlich auch nicht als Mitspieler geeignet. Es braucht schon einen gewissen morbiden Humor, um sich an dem Wahn des Spiels erfreuen zu können.
Keine Kenntnis der Serie nötig
Kenntnis der Serie und ihrer Figuren braucht es übrigens keineswegs. Vielleicht ist es sogar günstiger, gar nicht zu wissen, mit welchen Kontaktpersonen man es zu tun hat. Ich zum Beispiel habe mich sehr schwergetan, als ich mich (ausgerechnet!) zwischen Carrie Mathison und Peter Quinn als Kontakt entscheiden musste. Mr. Quinn wieder abzulegen, nachdem ich einmal in Händen hielt, bloß weil Carrie erfolgversprechender erschien, brach mir fast das Herz. Solche Schwächen kann sich ein Terroristenfahnder natürlich überhaupt nicht leisten. Sonst geht es einem noch wie Peter Quinn selbst: Ständig zerrissen zwischen Linientreue und verbliebener Moral, stand es zuletzt um ihn nach einer intensiven Begegnung mit Giftgas gar nicht gut. Aber was man jetzt so über die sechste Staffel hört, war es dann wohl doch nur ein Nahtoderlebnis…
Disclaimer: Fischpott hat ein Rezensionsexemplar vom Heidelberger Spieleverlag erhalten.
Homeland-Roman – Gewinnspiel
Ihr steht auf Homeland? Wir haben da was für euch. Der Verlag Cross Cult hat uns zwei Exemplare von Homeland: Sauls Plan zur Verfügung gestellt. Um an der Verlosung teilzunehmen müsst ihr nur die folgende Frage beantworten und bis zum 7.11.2016 eine E-Mail mit dem Betreff „Homeland“ und der Lösung an winwin@fischpott.com senden:
Welcher Politiker antwortete auf die Frage, warum ein Fußballspiel zwischen Deutschland und den Niederlanden nach einer Terrorwarnung abgesagt wurde, mit: „Ein Teil dieser Antworten würde die Bevölkerung verunsichern.“?
Unter allen richtigen Einsendungen entscheidet das Los. Wer gewonnen hat, wird von uns über per Mail benachrichtigt. Eine Exemplar von Homeland: Sauls Plan von Andrew Kaplan geht dann an die Postadresse, die ihr uns nennt. Der Versand erfolgt nur innerhalb von Deutschland.
Teilnehmen darf, wer volljährig ist. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen, eine Barauszahlung des Gewinns ebenso. Weitere Fragen zum Gewinnspiel bitte per Kommentar oder über die Mailadresse im Impressum.