Niemand hat die Absicht, ein Matriarchat zu errichten
Rezension von einer Betroffenen
Ein Gastbeitrag von Patricia Lürmann
Allein das Cover…
… Wen nicht schon der großartige Titel: Niemand hat die Absicht, ein Matriarchat zu errichten völlig für sich eingenommen hat, der/die* wird spätestens von dem durchdachten Cover überzeugt. Auf jeden Fall wird dank des lächelnden Frauenzeichens, das beiläufig auf einem Genderstern-Blümchen kaut, keine/r* der gendersternhassenden Abendlandretter*innen dieses Buch versehentlich in die Hand nehmen. Und damit ist die Richtung, den der Inhalt dieser Text- und Cartoonsammlung herausgegeben von Katinka Buddenkotte und Ella Carina Werner nimmt, deutlich und klar. Hier wird es ganz ernsthaft wirklich lustig – trotz Gendersterns.
Vorneweg, eine Handvoll der Autorinnen dieses Buchs kenne ich mittelbar oder unmittelbar persönlich. Deshalb bin ich aufs Positivste beeinflusst und versuche, die Geschichten dieser Autorinnen möglichst nicht in den Fokus zu setzen. (Obwohl diese es verdient hätten!) Und trotzdem bleibt abzüglich dieser Texte die Sammlung eine satte Empfehlung meinerseits. Thematisch ist sie sehr bunt zusammengestellt. Angefangen bei den vielzitierten Frauenhumorthemen (Familienleben mit Kindern, Frauenarztbesuch, Wochenbett) über Alltagskämpfe, (Tücken des Großstadtlebens und der richtigen Nutzung eines Ramennudel-Restaurants, neurotische Begegnungen auf Ebay, Suff im Allgemeinbekannten und in einer Neudefinition) bis hin zu Absurditäten im Monty Pythons-Style wie Eidechsenschubsen – ja, richtig gelesen – ist alles dabei. Über den Schreibstil in einer Textsammlung verschiedener Autorinnen zu urteilen, ist so sinnvoll wie das eben erwähnte Eidechsenschubsen und das will ja auch niemand. Ermutigend für alle kritischen Leser*innen sei gesagt, die Geschichten sind so knackig kurz, dass selbst Schreibstile, die einem nicht so zusagen, innerhalb der nächsten drei Seiten vorbei sind und man sich auf ein neues Abenteuer einlassen kann. Die Cartoons sind thematisch, politisch, sozialkritisch aber auch mal völlig flach. Humor ist – wie sexuelle Vorliebe – Geschmacksache. Meinen Geschmack haben die Cartoons getroffen!
Das macht das Lesen dieser Textsammlung vergleichbar mit einem sehr coolen Adventskalender. Nein, nicht der von Oma Hilde! Der von der bekloppten Tante Yvonne, die mit 42 noch immer in einem WG-Zimmer in Köln wohnt, auf einem Futon pennt und mit der ihr in diesem hippen Restaurant Ramen essen wart, die euch das coole getragene T-Shirt vom Tito and Tarantula-Konzert geschenkt hat. Wenn euch dieser Vergleich nichts sagt, dann lest das Buch, verdammt! Lest es!
Um einen Eindruck zu bekommen, hier einige Zitate und Highlights, die den Ton von Niemand hat die Absicht, ein Matriarchat zu errichten versuchen einzufangen.
„Kampftrinken früher: ein stupider Wettbewerb […] Kampftrinken in der Neudefinition nach Zeller: Kampf Betrunkener um Wahrheit und Gerechtigkeit.“ Die Lehre dieser Geschichte erfüllt einen jeden zukünftigen Vollrausch mit Sinn.
Business English lernen leichter gemacht durch einprägsame Beispiele: „Third Conditional […] If Hitler had had more than one ball he wouldn’t have invaded Poland.“
„Nuffelmutti_87 […] hat mich durchschaut. Seit Jahren plane ich diesen Coup. Einmal bei Ebay 50 Cent erschleichen und dann nach Saint-Tropez abhauen, dort ein Schloss bauen lassen und in den restlichen 3 Cent in einer goldenen Badewanne baden.“
„Camping – oder: Wir sitzen“
Das Buch eignet sich hervorragend dazu, Der- oder Diejenige* in eurem Bekannten- und/oder Familienkreis zu werden oder zu bleiben, der/die* es drauf hat, den „guten Kram“ zu verschenken. Ihr könnt es aber auch selbst lesen, dann kauft es halt zweimal.
Ein heißer Geheim-Tipp von mir für Experimentierfreudige: Lest die Geschichte „Das Netz ist weg.“ am besten unvorbereitet jemandem vor. Es lohnt sich!
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