Pokémon GO – Interview Nr. 1
Fischpott-Interview mit einer Spielerin
Digitale Mischwesen auf der Straße, in der Bahn, unter dem Schreibtisch, hypnotisiert wirkende Gamer, die ihnen blindlings hinterherstolpern – mit Pokémon Go scheint ein bizarrer Trashfilm aus den Achtzigern Wirklichkeit geworden zu sein. Das mobile Game ist überall, der ARD-Brennpunkt nur noch eine Frage der Zeit. Wir springen auf den fahrenden Trendzug auf und haben Kontakt zu einer Spielerin aus Wien aufgenommen, die uns ihre ersten Eindrücke geschildert hat.
Ich habe gehört, du hast dich jetzt auch vom Pokémon GO-Virus anstecken lassen? Wie bist du zu dem Spiel gekommen?
Ich habe auf Twitter erst mal die ganzen Pokémon GO Bilder und Memes gesehen und mir gedacht, das schaut lustig aus. Dann hat meine Schwester von einem Freund den Link zur APK bekommen und es installiert und Pokémon gejagt. Dann hab ich es mir geholt.
APK? Man kann es also noch nicht offiziell kaufen?
Das Spiel ist free to play mit Option auf Micropayments, allerdings ist es in Europa derzeit weder über den Google PlayStore noch über Apple verfügbar.
Wenn es dann kommt, ist es also gratis. Kann man es problemlos spielen, wenn man kein Geld ausgeben will, oder wird man mit Werbung oder langweiligen Fetch Quests genervt, die man nur mit Echtgeld umgehen kann bzw. bist du in Versuchung gekommen, echte Kohle in das Spiel zu investieren?
Werbung gibt es nicht, Fetch-Quests eigentlich auch nicht. Bisher war ich nicht versucht, Kohle in das Spiel zu investieren.
Ich hab noch kein Pokémon-Game gespielt, aber soweit ich das jetzt noch auf die Reihe kriege, läuft man da mit so einer kleinen Spielfigur durch eine eher nach japanischem Rollenspiel aussehenden Welt und fängt Pokémon. Ist das bei Pokémon GO auch so?
Man designt sich aus einer begrenzten Auswahl eine Trainerfigur, aber die rennt eigentlich nicht über den Bildschirm. Das Handy wird per GPS geortet und die Figur auf einem Stadtplan angezeigt. Wenn man sich bewegt, bekommt man Pokémon in der Nähe angezeigt, die man dann antippen und mit Pokébällen fangen kann. Die Bälle und andere Sachen, wie Eier oder Himbeeren, bekommt man aus Pokéstops geliefert, die an interessanten Stellen im Stadtbild verteilt sind. Hier und da in der Stadt gibt es dann auch Gyms, wo man sich mit anderen Trainern messen kann. Wenn man gewinnt, hat man das Gym für sein Team eingenommen.
Ein wildes Zubat bei @roestart im Außenbereich! pic.twitter.com/SqnfYP360D
— Katti (@Katti) 12. Juli 2016
Auch in Bochum werden Pokémon gefangen.
Und wenn man Kohle investiert, kann man seinen Trainer cooler aussehen lassen?
Mit Micropayments kann man sich eher Pokébälle und Lockmittel für Pokémon holen, kein cooles Käppi.
Brauche ich eigentlich einen Nintendo-Account für das Spiel, oder geht das auch mit Facebook, Google, Twitter etc.?
Man kann sich auf Android entweder mit seinem Google-Account oder mit der Pokémon Trainer Club ID einloggen.
Was für interessante Stellen im Stadtbild hast du so besucht? Du bist ja aus Wien, hat sich da jemand Gedanken gemacht oder einfach nur eher zufällig die Pokémon über der Karte verteilt?
Es sind meistens Fotos von interessanten Stellen an Gebäuden, Parks und Statuen, zum Teil auch wichtige Gebäude. Eigentlich lustig, weil es oft Sachen sind, die man sonst nicht beachtet, zum Beispiel Details auf Gebäuden. Ich habe das Gefühl, dass das Spiel diese Sachen – auch die manchmal kreativen Bezeichnungen dafür – aus einer von Ingress-Spielern zusammengetragenen Datenbank schöpft.
Klingt doch schon mal sehr interessant.Wo wir schon dabei sind, zieht das Spiel sehr am Akku? Meine Fitness-App saugt den Akku schon relativ leer, wenn ich die den ganzen Tag am Laufen habe.
Das Spiel zieht SEHR am Akku. Es gibt einen Stromsparmodus, der etwas besser ist.
Wie viele Pokémon hast du bisher zusammengejagt? Die kann man dann trainieren und gegen die Pokémon anderer Spieler antreten lassen, richtig? Kann man sich auch über Freundschaftslisten oder Gruppen organisieren?
Ich habe circa 60 verschiedene von 250 Pokémon erjagt. Man kriegt sie oft doppelt und siebzehnfach. Wenn man eins bekommt, das ganz gut ist, kann man ihm dazu passendes Candy geben, dann entwickelt es sich zur stärkeren Form. Die stärkeren Formen kann man aber auch so in der Wildnis antreffen. Ich gebe zu, da wäre ein bisschen Vorwissen zu Pokémon schon gut, wenn man nicht 50 Candies an den Drowzee verfüttern mag, nur um einen Hypno zu kriegen, den man eh schon hat. Aber man lernt dazu.
Man kann die Pokémon sich entwickeln lassen, und dann noch ihre Combat Power steigern. Beides geht über die Candies. Die einzige Organisation bisher ist dass man sich eins von drei Teams aussuchen kann. Es gibt Team Gelb, Rot und Blau.
Und wie erjagt man die Pokémon genau? Ich habe was von Augmented Reality gelesen und dass es auch echt kuriose Fundorte gibt. Hast du also auch schon mal ein freches Vieh in der Toilette oder neben dem Altglascontainer gefunden?
Man schlurft durch die Stadt, das Handy vibriert. Das heißt, ein Pokémon ist da und man kann es mit Bällen bewerfen. Die Kamera geht an, so dass es aussieht als ob das Pokémon auf der Straße wäre, man stippt Pokébälle aufs Vieh, bis man es hat. Stärkere Pokémon entkommen manchmal, oder man muss öfter Bälle drauf werfen. Ich hab keine seltsamen Fundorte gehabt, außer vielleicht unter meinem Schreibtisch. Da sind sie oft.
Es wird angezeigt, ob noch andere Pokémon in der Nähe sind, so dass man sich auf die Suche machen kann. Unter dem jeweiligen Pokémon sind Pfötchensymbole: 0 Pfötchen bedeutet, das Pokémon ist gleich da, 3 Pfötchen heißen es ist etwas weiter. Ich fände es gut, wenn es einem auch die Richtung anzeigen würde, in die man gehen soll, um ein bestimmtes Pokémon zu suchen. Auf der Anzeige sind die bisher noch nie gefangenen Pokémon als graue Umrisse zu sehen. Da möchte man eigentlich lieber ein bisschen gezielt nach denen suchen.
Sieht man im Stadtbild schon andere Spieler, so in der U-Bahn oder im Park?
Andere Spieler sind mir nicht aufgefallen, ich musste ja auf mein Handy glotzen.
Kommen wir mal zum Fazit.
Spielen schon jetzt viele Leute aus deinem Umfeld Pokémon Go? Welche Zielgruppe hat das Spiel überhaupt, und entwickelt es eine Art Suchtspirale? Würdest du es weiterempfehlen und wenn ja wem?
Ich kenne drei-vier Leute außer mir die es spielen. Zielgruppe? Ich würde das Spiel Leuten empfehlen, die einen gewissen Sammeldrang haben und sich mehr bewegen möchten.
Ich meinte, würdest du es eher meiner Nichte empfehlen, oder kann auch meine Schwester oder gar Mutter damit was anfangen?
Empfehlen: derzeit Leuten, die eine externe Batterie mit den Handy rumschleppen und frustresistenter sind als ich. Ob deine Verwandtschaft was damit anfangen kann, kann ich nicht sagen.
Ich habe es allerdings deinstalliert, weil ich nach einem 5-Kilometer-Spaziergang wegen dem ständig zusammenbrechendem GPS einige neue Pokémon verloren habe, und mir die Länge nicht auf das Ausbrüten von Eiern aufgerechnet wurde. Das hat mich schon etwas vergrämt. Ich gebe dem Spiel vielleicht noch eine Chance, wenn es eine offizielle, stabilere Version im PlayStore gibt.
Wenn die da ist kann ja auch jeder andere einfach mal reinschauen, kostet ja nix. Danke für deine Zeit!
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