Urheberrecht, Verlagswesen und Vermarktung für Autoren 2012
Ein E-Book von Bjørn Jagnow
Bjørn Jagnow ist einer von mehreren Experten, die für den Newsletter The Tempest von autorenforum.de schreiben. In diesem Zusammenhang hat er in 12 Jahren eine Vielzahl von Fragen zum Thema Verlagswesen beantwortet. 2012 veröffentlichte er die Fragen mit seinen Antworten als E-Book. Da ohne grundlegende Änderung des Urheber- und Medienrechtes diese Fragen auch zwei Jahre später noch immer aktuell sind, haben wir von Fischpott uns dieses E-Book einmal genauer angeschaut.
Urheberrecht geht uns alle an
Das mit dem Urheberrecht ist hierzulande Freud und Leid zugleich. Die Freude ergibt sich für Urheber, die – ohne entsprechende Rechtsgrundlage – jederzeit kopiert und damit auch ihrer zum Teil arg geringen Existenzgrundlage enthoben werden könnten. Das Leid ergibt sich für all jene, die das Werk eines Künstlers gerne benutzen würden, dies ohne Zustimmung des Künstlers aber nicht dürfen. Ein Beispiel zur Verdeutlichung der Problematik: Ohne Zustimmung der Fotografin, die ein Foto von mir zu Zwecken der Bewerbung auf Stellenanzeigen gemacht hat, darf ich dieses Bild nicht anderweitig, zum Beispiel als Facebook-Profilbild, benutzen. Ich bräuchte hierfür von ihr das entsprechende Nutzungsrecht, das schlimmstenfalls mit einer zu verhandelnden Zahlung an sie einhergeht. Umgekehrt kann die Fotografin mein Foto aber auch nicht zu Zwecken benutzen, denen ich nicht zugestimmt habe. Schließlich zeigt es mich, berührt damit also meine Persönlichkeitsrechte. Allein dieses kleine Beispiel zeigt, wie knifflig die Angelegenheit ist. Und welch Fallstricke sie im Alltag eines durchschnittlichen Onliners erzeugt. Brauchte es früher zumindest noch einen teuren Fotoapparat oder flinke Finger auf der Schreibmaschine sowie einen Verlag, lässt sich heute fast alles mit wenigen Klicks kopieren und an anderer Stelle unter eigenem Namen wiederveröffentlichen. Besonders Social Media Angebote wie Facebook erscheinen da wie extra für abmahnfreudige Rechtsanwälte erschaffene Spielplätze.
Zwischen den Interessen als Urheberin und als Nutzerin
Wenn ich mich nun als Autorin etablieren möchte, befinde ich mich irgendwo inmitten des Spannungsfeldes zwischen den Interessen als Urheberin und denen als Nutzerin, die für ihr Werk vielleicht auf Werke anderer zurückgreifen möchte. Schnell stellen sich mir da die ersten Fragen. Außerdem möchte ich mich als Autorin nicht unbedingt mit den Aufgabenstellungen der Buchproduktion, der Vermarktung und des Vertriebs herumschlagen. Auf der Suche nach einem Verlag bin ich dann aber plötzlich mit Vertragswerken konfrontiert, die mir als Neuling in Teilen zumindest mal seltsam erscheinen. Die Liste meiner Fragen wächst. Komme ich dann auf die Idee, vielleicht doch besser unter eigenem Namen zu veröffentlichen und damit alle Aspekte einer Publikation selbst zu übernehmen, ist meine Frageliste vielleicht schon länger als das geplante schriftstellerische Werk. Als Onlinerin google ich mir also einen Wolf – und stoße unter den entsprechenden Suchbegriffen auf eine Fülle an Information, die schlimmstenfalls auch noch widersprüchlich daherkommt. Allein in diesem Zusammenhang erscheint mir das vorliegende E-Book – es tut mir leid, dies sagen zu müssen – nicht wirklich hilfreich. Bei meiner Lektüre bin ich mehrfach auf Informationen gestoßen, von denen ich dachte: Das habe an anderen, ebenfalls glaubwürdig erscheinenden Stellen aber schon anders gelesen oder gehört. Ein Beispiel:
Im Zweifel kommt es auf den Einzelfall an
Die Krux an den Antworten auf Fragen anderer ist: Es handelt sich um die Fragen anderer! So traurig das auch ist – als intellektuell durchaus begabter Mensch sollte ich in der Lage sein zu abstrahieren –, aber bekanntlich liegt die Tücke im Detail. Nehmen wir das Beispiel Zitate – und Loriot. Da veröffentlichte einer eine Biografie über den verstorbenen genialen Humoristen und benutzte in diesem Zusammenhang eine ganze Reihe von Zitaten – dummerweise, ohne die Genehmigung von Loriots Erbin einzuholen. Nun sollte man meinen, dass Zitate im Zusammenhang einer Biografie über die zitierte Person per se von den Schranken des Urheberrechts abgedeckt seien. Sind sie aber nicht. Im genannten Fall entschied das Gericht, dass eine Vielzahl der benutzten Zitate nur dem Zwecke der Übernahme humoristischer Effekte dienten und nicht der notwendigen inhaltlichen Auseinandersetzung. Letztlich kommt es immer auf den Einzelfall an. Das Buch musste also vom Markt genommen werden. (Wer mehr zu dieser Geschichte wissen möchte, lese zum Beispiel bei aufrecht.de nach – oder googelt einfach mal Loriot und Rechtsstreit). Solche Einzelfall-Auskünfte kann ein Buch wie das vorliegende aber nicht leisten, selbst wenn der Autor selbst Rechtsanwalt und der Loriot-Rechtsstreit nicht erst 2013 passiert wäre. Bleibt die Frage, was dieses Buch denn leisten kann.
Was das E-Book bietet
Das E-Book bietet eine Wiederholung dessen, was bereits in dem Newsletter stattgefunden hat. Immer wieder möchte ich sagen, es biete eine Zusammenfassung dessen, … Aber genau das findet nicht statt. Zusammenfassung würde eine inhaltlich Bearbeitung bedeuten im Sinne: Statt zum Beispiel die vielen Fragen zu wiederholen, die sich mit dem Erlöschen des Urheberrechts 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers beschäftigen, diesen Grundsatz nur einmal zu erläutern und dann beispielhaft auf Details einiger der in diesem Kontext gestellten Fragen einzugehen. Dann würden wir aber auch von einem ganz anderen Buch sprechen. Nichtsdestotrotz war die Lektüre durchaus vergnüglich. Ich möchte sogar so weit gehen zu behaupten, dass sie für mich fast die unerwartete Qualität eines Pageturners hatte. Das mag daran liegen, dass ich doch manchmal als Schweinchen Schlau durch die Welt laufe und mich daran erfreuen kann, auf Fragen anderer bereits Antworten zu kennen. Oder zumindest zu kennen glaube. Darüber hinaus hat es mir einmal mehr klargemacht, dass ich wie wohl so viele andere eine nicht allzu realistische Vorstellung von der Zusammenarbeit zwischen Autoren und Verlagen habe.
Disclaimer: Fischpott hat ein Rezensionsexemplar des E-Books erhalten.