Countdown
Farin Urlaub kündigt an, dass was kommt. Noch weiß man nicht, was und wann es kommt. Eigentlich hat er noch nicht einmal angekündigt, dass was kommt. Aber man ist sich einig: Da kommt was.
Ein Gastbeitrag von Helge.
Der Reihe nach. Es ist nicht viel passiert seit Erscheinen der Wahrheit über’s Lügen (2008). Farin Urlaub ist mittlerweile 50 geworden, veröffentlichte 2011 einen weiteren Bildband (Australien & Osttimor) und bewahrte seine Kollegen aus der Ärztekammer mit seinen Beiträgen zum Album auch vor einem Totalschaden. Spekulationen und Gerüchte über neuere Aktivitäten seines Photoequipments oder seines Racing Teams noch im Jahr 2014 bewegtem sich in einem eher erwartungsarmem Rahmen.
Der ausbleibenden Neugierde seiner Fans überdrüssig, heizt nun der Herr die Gerüchteküche eigenmächtig an. Noch früh in diesem Jahr, am 3. Januar, machte nach langer Durststrecke ein Farin-Urlaub-Newsletter die Runde. In diesem stand dann: natürlich nichts. Wen wundert’s? Das aktuelle Album der Ärzte wurde in einem Interview mit Donald Duck angekündigt. Vordergründig war nun die Rundbotschaft als Neujahrsgruß getarnt, nur: Farin Urlaub verteilt keine Neujahrsgrüße, schon gar nicht welche, die Bibelzitate enthalten wie eben dieser Newsletter. Man darf nun guten Gewissens diesen Brief als Ankündigung verstehen. Für irgendwas. Nicht, dass es keine Anspielungen gäbe – diese sind aber nicht weniger mehrdeutig als Nolans Augenzwinkereien in seinem Werk Inception, die auf das wahre Ende des Films hindeuten sollen:
„…ein ganz neues Jahr, in dem alles wieder möglich erscheint“ – Gut, es kommt was. „in dieser schnellebigen Zeit also gibt es ja kaum noch bedrucktes Papier.“ – Ein Bildband also? Ein Songbook? „Alles kann, alles muss sofort elektronisch vervielfältigt werden.“ Ok, doch nicht. „Da tut es gut, sich ein paar Mal täglich in einem abgedunkelten Raum splitternackt auf den mit Brennnesseln bedeckten Boden zu legen und ein, zwei Stunden lang einfach nur abwechselnd ein – und auszuatmen.“ Klingt nach Studioarbeit. Oder nach Reiseplanung?
Nahezu zeitgleich mit diesem Newsletter installiert der Webmaster der offiziellen Webseite farin-urlaub.de einen Counter auf dem rechten oberen Rand der Startseite. Einen Counter, oder einen Kalender, oder eine Uhr. Das weiß zu diesem Zeitpunkt (und auch jetzt) eigentlich noch niemand, was das sein soll. Nennen wir ihn nun einfach mal Counter. Er ist vierstellig, im Retrodesign alter Football-Ergebnistafeln gehalten und bekennt am 03.01.2014: „2358“. Zumindest im Firefox erscheint die letzte Ziffer leicht abgesetzt.
Flugs entwickeln sich die ersten Spekulationen (deren Entwicklung vortrefflich im Gästebuch der Webseite verfolgt werden kann): Freitag, der 23.05.2014 (die „8“ stünde dann wohlwollend für 08:00 Uhr) wäre ein gut gewähltes Erscheinungsdatum für ein Release des neuen FURT-Albums. Schon „Die Wahrheit über’s Lügen“ erschien an einem Freitag. Trotz konkurrierender Theorien war diese Auflösung die plausibelste und auch ich nahm sie zunächst ohne Weiteres an. Vier Monate Vorankündigung entspricht auch durchaus der üblichen Marketingstrategie des Urlaubers.
Leider hielt sich diese meine Sicherheit nur etwa 14 Stunden. Der Counter sprang auf 2357. 14 Stunden später: 2356. Weiter so im 14-Stunden-Takt. Ok, also nur etwa 1375 Tage bis zum Erreichen der Null. Doch zwischendurch erfuhr der Counter eine Beschleunigung bis hin zu einem Dreistundentakt. Ein progressiver Counter! So kann es ja nicht mehr allzu lange dauern, irgendwann schreitet er dann ja im Sekundentakt voran. Sehr gut. … Und dann ging er wieder zurück zum alten Takt. Nun beginnt der April, der Counter ist nicht durchschaut. Er ging sogar zwischenzeitig rauf (seit dem 23.03.)! Nun aber wieder ein wenig runter. Er steht – Stand: 28.03.2014, 10:51Uhr – bei 2138 und kann bei Bedarf vom Adblocker des Mozilla Firefox entfernt werden. Eine eigene Facebook-Seite wird dem Counter übrigens vom Bootleg-Team kill-them-all gewidmet: https://www.facebook.com/events/247817955383814/
Das ist jedoch noch nicht die ganze Wahrheit: Die URL des Gästebuchs von farin-urlaub.de wechselt. Zeitgleich mit der Installation besagten Counters lautet der letzte Abschnitt der Verlinkung nun „Gort“. Guestbook of Racing Team? Ein Verweis auf „Gort“, einen humanoiden Roboter aus dem Film „The Day the Earth Stood Still“? www.gort.de hilft dem geneigten Nutzer in Fragen des Tiefbaubedarfs.
Einen Vorteil hat die Sci-Fi-Filmtheorie: Sie passt zu den anderen wechselnden „Namen“ des Gästebuchs; Fisch (Verweis auf A Hitchhiker’s Guide to The Galaxy?), Eolomea (1972 Sci-Fi-Film), MU-TH-UR (Alien). Bekommen wir ein Konzeptalbum? Aber warum heißt das Gästebuch nun „Ananas“?
Vielleicht kann uns ja der Chef selbst helfen. Der meldet sich doch glatt am 05. März persönlich im Buch seiner Gäste zu Wort. Und sagt: natürlich nichts. Doch gibt uns Hinweise. Zwei sogar.
Erstens: Er verschreibt sich. Er behauptet, es sei soeben der fünfte Mai, obschon doch jeder weiß – und er ganz gewiss – dass dem nicht so ist. Und kurz darauf korrigiert er sich und ändert seinen Beitrag: „Mittwoch, der fünfte MÄRZ (nicht: Mai, wer schreibt denn sowas?! Ts. Der muss ja mal gepflegt dämlich sein. Aber das tut jetzt nichts zur Sache, und wirklich überraschend ist es ja auch nicht… jedenfalls, wo waren wir? Ja richtig, der 5.3., also heute).“ Na bitte, ist dem Herrn da ein Fehler unterlaufen? Nun glauben seine Fans natürlich nicht an Fehler. Das war eine Botschaft. Am 05. Mai erscheint also sein neues Album. Oder sein Bildband. Oder seine handsignierte Smartphonekollektion. Ärgerlich nur, dass der 05. Mai kein Mittwoch, sondern ein Montag ist. Das wäre aber auch zu verräterisch gewesen. Am 05. Mai kommt was, das steht fest. Wie bringen wir nun aber den Counter bis zum 05. Mai auf einen sinnvollen Stand? Und warum enthält dieser Gästebucheintrag keinen Hinweis auf Science-Fiction irgendwelcher Art?
Da heißt es nur lapidar: „Kerzen halten länger, wenn man sie vor dem Anzünden ins Gefrierfach legt. Verrückte Welt! Wahrscheinlich halten sie sogar noch länger, wenn man sie gar nicht erst anzündet.“ Hat er uns nun alle auf Eis gelegt, auf dass wir umso länger brennen? Oder will er uns mitteilen, dass er dieses Spiel solange mit uns spielt, bis wir endlich den Mund halten?