Doctor Who Staffel 5
Neuer Doctor, neue TARDIS, neuer Schraubenzieher, neue Begleiterin, neuer Chef – alles so schön neu macht die fünfte Staffel der britischen Sci-Fi Serie Doctor Who.
Das Ende der vierten Staffel bedeutete nicht nur den (wirklich todtraurigen) Abschied vom zehnten Doktor (David Tennant), sondern auch von Russell T Davies, der die Serie 2005 wiederbelebt und fünf Jahre als Chef-Autor fungiert hatte. Davies übergab die Serie an Steven Moffat, was zunächst zuversichtlich stimmen sollte. Schließlich entwickelte Moffat Formate wie Coupling, Jekyll und jedermanns Lieblingsserie Sherlock und war zudem Autor einiger sehr guter Doctor Who-Episoden. Davies hatte Moffat nach seinem Ausstieg alles sauber und aufgeräumt hinterlassen: keine offenen Handlungsfäden, keine notwendigen Figuren, nichts, was weiterer Aufarbeitung dringend bedurft hätte. Besser kann man in eine Serie mit derartiger Tradition nicht hineinkommen.
Die fünfte Staffel beginnt also frisch mit neuem Doktor (Matt Smith), einer sich erneuernden TARDIS und der Einführung der neuen Begleiterin Amy Pond (Karen Gillan), ohne viel Zeit zum Verschnaufen zu lassen. Nachdem der elfte Doktor, wie es sich gehört, zum Einstand erst einmal die Welt rettet, geht es ins Weltraum-Britannien, gegen die Weinenden Engel, die Daleks im Zweiten Weltkrieg, Vampire in Venedig, ein erneutes böses Gegenstück zum Doktor – den Dream Lord – prähistorische Echsenmenschen und auf ein Date mit Vincent van Gough. Es scheint fast, als hätte Moffat seine eigenen Fanboy-Wünsche schnell und alle auf einmal verwirklichen wollen, bevor ihm jemand die Serie wieder wegnimmt.
An der Qualität der einzelnen Folgen ist dabei grundsätzlich nichts auszusetzen. Verrückte und brillante Einfälle sprudeln in einer atemberaubenden Frequenz, die kaum ein anderes Format so erreicht. Die Geschichten finden ein schönes Mittelmaß zwischen Ernsthaftigkeit und Ironie, wobei die Staffel merkbar humoristischer ist, als zuvor, aber dabei in ihren ernsten Momenten auch pathetischer, was aber auch zu Doctor Who gehört. Auch die episodenübergreifenden Handlungsbögen um den Zeitriss und die Pandorica finden einen schönen Weg, sowohl eine Einheit der Staffel zu schaffen und die einzelnen Folgen/ Doppelfolgen autonom zu belassen.
Ärgerlich sind nur zwei Dinge, das erste davon ist der Doktor: Nicht, dass Matt Smith eine schlechte Wahl wäre, gerade in Sieg der Daleks, der Doppelfolge um die Weinenden Engel und dem Staffelfinale Die Pandorica/ Der Große Knall zeigt er sein Potenzial. Das Problem ist vielmehr, dass der elfte Doktor seinem direkten Vorgänger in vielen Aspekten zu ähnlich ist. Im Aussehen und Verhalten hat man über die ersten Episoden das Gefühl, einen etwas uncharismatischeren, alberneren und glatteren David Tennant zu sehen. Obwohl Matt Smith eigentlich als Doktor gut ist, hält der dem Vergleich mit Tennants Darstellung einfach nicht stand und man wäre mit dem ursprünglichen Kandidaten Paterson Joseph vielleicht strategisch besser gefahren.
Zweitens der Amy Pond-Komplex: Dass Karen Gillan die neue Begleiterin des Doktors über die Maßen kuhäugig spielt ist zwar ärgerlich, aber im Endeffekt gar nicht so schlimm. Companions sind dafür bekannt, nicht immer die hellsten Kerzen auf dem Kuchen zu sein – auch, weil das in der Regel dem Erzählfluss nutzt. Die latent erotische oder amouröse Beziehung zwischen Doktor und Companion ist ebenfalls nichts bahnbrechend neues, zu verteufelndes – man denke nur an die wunderbare Martha Jones (Freeman Agyeman). Auch die viel gescholtenen Miniröcke sind eigentlich nicht das Problem. Gerade Gillan schafft es, dass Amy dabei recht natürlich und nie vulgär oder übersexualisiert wirkt. Das Problem ist, dass Gillan dabei gegen ein furchtbares Drehbuch anspielen muss. Die Ausgangssituation ist dabei eigentlich ganz clever: Amy trifft den Doktor erstmals, als sie noch ein unglückliches Kind ist. Obwohl er verspricht sie in fünf Minuten abzuholen, ist der Zeitreisende erst nach Jahren wieder da, in denen Amy eine seltsame Obsession für ihren vermeintlich imaginären Freund, den Lumpen-Doktor, entwickelt hat. Was im weiteren daraus gemacht wird, ist schlicht furchtbar. Das Liebesdreieck zwischen Amy, ihren Verlobten und dem Doktor ist nicht nur selten langweilig und störend, sondern vor allem lustlos konstruiert. Warum ist Amy in den Doktor verliebt? Weil sie ihn als Kind 10 Minuten gesehen hat? Weil er ein verschrobener Typ in seltsamen Klamotten ist? Gerade ihr offensichtlich sexuelles Interesse wirkt Angesichts dieser Inkarnation des Doktors völlig deplatziert. Doch das Schlimmste ist, dass am Ende eine weibliche Figur mit viel Potenzial und einer guten Schauspielerin übrigbleibt, die ausschließlich über ihre pseudo-sexuelle Beziehung zu Männern definiert wird. Hier fällt die Serie ohne Not und für einen langweiligen, konventionellen Liebesplot 30 bis 40 Jahre zurück.
Fazit: Staffel Fünf ist zwar gut, lässt jedoch im Vergleich zu den Tennant-Staffeln merklich nach. Moffats Leistungen an anderen Serien zum Trotz, entkommt der dem Schatten Davies’ nicht. Trotzdem, und auch trotz Amy Pond, kann man hier mit ruhigem Gewissen eine Kaufempfehlung aussprechen.
Disclaimer: Fischpott hat ein Rezensionsexemplar der DVD-Box von der Polyband Medien GmbH erhalten.