Crime Mysteries – Sherlock Holmes & Jack the Ripper

In der neuen Rätselbuchreihe Crime Mysteries dreht sich alles um knifflige Kriminal- bzw. rätselhafte Mordfälle. Dabei müssen sowohl der beratende Detektiv Sherlock Holmes als auch Inspektor George Absalom von Scotland Yard nicht nur Tatorte besuchen und Verbrecher dingfest machen, sondern auch Widersprüche in Zeugenaussagen aufdecken und Tatorte inspizieren. Das Schema ist dabei immer gleich, es gibt 10 Kapitel zu je 3 Teilen und am Ende jedes Teiles wird eine Frage gestellt. Die dürft dann ihr (ja genau, IHR) beantworten und hinten im Buch nachlesen, ob ihr richtig gelegen habt.
Aber lassen wir doch die Protagonisten der beiden Crime Mysteries-Bücher selbst zu Wort kommen. Wir haben zufällig einen höchst interessanten Briefwechsel zwischen Sherlock Holmes und Inspektor George Absalom in die Hände gespielt bekommen.
London, irgendwann 1890
Höchst geehrter Herr Sherlock Holmes,
Inspektor George Absalom hier, Scotland Yard. Ich weiß nicht, ob wir uns nicht doch schonmal begegnet sind, aber hier geht es gerade drunter und drüber. Der Ripper ist wieder unterwegs. Ja, genau, die Lederschürze aka Jack The Ripper. Wobei wir ja nicht einmal wissen, ob er wirklich Jack heißt. Da wir immer noch keine heiße Spur haben, hat die Innenrevision beschlossen, meine Ermittlungsakten irgendwelchen unabhängigen Kriminalisten auszuhändigen. Also musste ich alles noch einmal durchsehen und formulieren. Ich meine, ich kann ja schlecht einen kurzen Bericht abliefern, aus dem jeder blutige Anfänger die Filetstücke rausfischen kann.
Die Fälle sind aber auch vertrackt. Ich mache mir da meist ein Bild von den Tatorten und beschreibe in allen Einzelheiten jedes noch so unwichtig erscheinende Detail. Immerhin haben wir es ja mit Crime Mysteries zu tun, da muss man also auch ein wenig mysteriös herumschwurbeln und diverse Ablenkungen in die Berichte einbauen. Ich habe natürlich sofort den Durchblick, nur weil mein angesehener Rechtsmediziner Dr. Jeff Coombs 1 glaubt, ein Opfer wäre erst seit 6h tot muss das ja nicht immer so sein, nicht wahr? Ich als Inspektor vom Yard weiß schließlich genau, wo ich mit meinen Fragen ansetzen muss.
Müssen Sie sich auch mit der Innenrevision rumschlagen und setzt man Ihnen neben Watson auch noch unabhängige Beobachter vor, denen Sie Ihre Fälle schildern müssen?
Bewundernde Grüße
Inspektor George Absalom, Scotland Yard.
Höchst geehrter Herr George Absalom,
bedauerlicherweise sind wir uns noch nicht begegnet, aber wenn ich mich recht erinnere, haben Sie im Fall der Chesterham-Zwillinge einen gehörigen Spürsinn bewiesen. Dieser Droschkenkutscher wäre gewiss davongekommen, wenn nicht jemand seine Schuhe näher untersucht hätte! Wie Sie sicher wissen übernimmt in der Baker Street 221b Dr. Watson die Chronistenpflichten und fertigt Niederschriften meiner Fälle an. In seinem neuesten Werk Crime Mysteries Sherlock Holmes erlaubt der gute Doktor den lesenden Damen und Herren gewissermaßen in meine Rolle zu schlüpfen. Ja, er macht es ihnen nicht einfach, das muss man sagen. In die Beschreibung der Fälle mischt er unter all die banalen Fakten auch die entscheidenden Hinweise, anhand derer der erfahrene Kriminalist – und auch die erfahrene Kriminalistin! – den wahren Sachverhalt ermitteln kann.
Natürlich ist das für den lesenden Hobbykriminalisten nicht immer einfach. Wer weiß schon, wie sich Abwässer aus bestimmten Betrieben auf das Fortschreiten der Verwesung menschlicher Leichen auswirken. Aber meistens reicht eine gewisse Scharfsinnigkeit aus, das falsche Alibi oder die Ungereimtheit zu entdecken und den Kapitelabschnitt zu lösen. Natürlich hat Dr. Watson auch an jene Menschen gedacht, die ungeduldig sind oder einfach nicht auf die Lösung kommen, und Verweise auf die Lösung am Ende des Buches untergebracht.
Mit kollegialen Grüßen
Sherlock Holmes
London, immer noch irgendwann 1890
Mein hoch geschätzter Kollege Sherlock Holmes,
ja, ich sehe Sie durchaus als Kollegen, immerhin müssen wir stets maximal aufmerksam jedes noch so unwichtige Detail beachten. Einige der Rätsel finde ich zwar auch nicht logisch, aber wer kann sich schon in den Kopf eines offensichtlich geistesgestörten Irren hineindenken. Die Tatorte waren jedenfalls immer sehr blutig und teilweise auch ekelerregend hergerichtet. Ich erspare Ihnen die Details und musste auch den Gerichtszeichnern das Versprechen abnehmen, meine Berichte nicht zu detailliert zu illustrieren. Es reicht ja schon, wenn ich in allen Einzelheiten die Mordopfer beschreibe. Da habe ich mir auch wirklich Mühe gegeben, wenn herausgerissene Augäpfel in Kniekehlen gelegt wurden, dann muss ich das doch auch so sagen. Alles andere würde den Crime Mysteries, mit denen wir es ja hier zu tun haben, nicht gerecht werden.
Ein paar der Tatorte kamen mir für unsere Jahre 1889/1890 aber dann doch zu modern vor. Gerade in Whitechapel lebten die Leute teilweise in richtig mieser Armut, da kann doch nicht eine einfache Landlady einen Kühlschrank besitzen. Zumal sie bevorzugt an Prostituierte vermietet. Ja, ich weiß, das ist nicht einmal erlaubt, aber da ich hier einen Mörder jage versichere ich den Zeugen immer, dass ich nicht von der Sitte bin. Meine Fragen, die ich am Ende eines jeden Teils stelle überraschen mich dabei immer wieder. Nicht einmal ich wäre im Nachhinein auf jede Lösung gekommen. Ich habe Ihnen meine Berichte mal beigelegt, ich bin mir sicher, dass für ein exorbitantes Superhirn wie Sie es nun einmal sind, die Crime Mysteries um Jack The Ripper gar nicht so mysteriös sein dürften. Mein Constable Barrow ist da leider nicht immer so auf Zack und musste das eine oder andere Mal gestehen, einer falschen Fährte aufgesessen zu sein.
Ich beende unseren Schriftwechsel hier einmal, ich schreibe Ihnen, wenn ich den Mistkerl dingfest gemacht habe, versprochen.
Kollegiale Grüße
Inspektor Georg Absalom, Scotland Yard.
Höchst geehrter Herr George Absalom,
ich werde bei Gelegenheit einen Blick in Ihre Berichte werfen, damit die Ergreifung dieses abscheulichen Schurken, der die Hauptstadt unseres Empires so in Angst und Schrecken versetzt, etwas wahrscheinlicher wird. Denken Sie, er könnte etwas mit Moriarty zu tun haben? Ich meine mich da an eine Verbindung zu erinnern, wie sie in einem Buch mit dem seltsamen Titel Der letzte Sherlock Holmes Roman an die Öffentlichkeit herangetragen wurde. Aber Einzelheiten entziehen sich seltsamerweise meinem Gedächtnis. Und sind Sie sich sicher, dass es sich um einen elektrisch betriebenen Kühlschrank mit Ammoniakkühlung handelt? Nicht um einen Eisschrank, gefüllt mit Eis, das im Winter gewonnen wurde?
Wobei gewisse … „Modernitäten“ mir auch in den Fällen aufgefallen sind, die wie schon geschrieben unter Sherlock Holmes Crime Mysteries veröffentlicht wurden. Lobenswerterweise finden sich einige gekonnt illustrierte Bilder im Buch, aber manche Details wirken mitunter etwas futuristisch. Auch wenn diese Einzelheiten natürlich nur einem Menschen mit überdurchschnittlicher Beobachtungsgabe auffallen dürften. Apropos, ich bitte Watson, dass er Ihnen ein Exemplar der Sherlock Holmes Crime Mysteries zukommen lässt. Vielleicht können Sie oder Ihr Constable Barrow damit ein wenig Ihren Scharfsinn auf die Probe stellen.
Mit aufmunternden Grüßen
Sherlock Holmes
Crime Mysteries – Ein Abschlussbericht

Leider blieben weitere Briefe zwischen Sherlock Holmes und George Absalom aus. Ob die Crime Mysteries also endgültig gelöst wurden bleibt offen und für den geneigten Leser selbst herauszufinden. Unser Kritiker Ulf fand den Jack The Ripper-Teil jedenfalls gut unterhaltsam, allerdings auch eher als Roman mit vielen Illustrationen und nicht als Rätselbuch. Dazu ging es zu sehr darum, einfach nur am Ende jedes Abschnittes eine Frage zu beantworten und sich selbst hinten im Buch zu überprüfen. Es gibt hier nur richtig oder falsch, keine Kette an Beweisen, die es zu knacken gibt um am Ende Jack The Ripper namentlich zu benennen.
Unser Kritiker Fabian fand, dass der Band zu Sherlock Holmes eine Sammlung typischer Holmes-Geschichten darstellt, ergänzt um die Möglichkeit, das jeweilige Rätsel durch Kombinieren selbst zu lösen. Dabei ist es den namentlich leider nicht genannten Autor*innen gelungen, den Flair der Erzählungen von Arthur Conan Doyle sehr genau einzufangen, so dass sich das Rätselbuch fast wie eine verlorene Publikation aus dem 19. Jahrhundert liest. Für Fans des Meisterdetektivs sehr zu empfehlen, Freund*innen von Rätselbüchern sollten sich darauf einstellen, dass sich das Muster immer wiederholt: Erst muss der Fall genau gelesen werden, dann kann man die Widersprüche aufdecken.
„Crime Mysteries – Jack The Ripper“ und „Crime Mysteries – Sherlock Holmes“. Ullmann Medien, Rheinbreitbach, jeweils 9,99 €
Disclaimer: Fischpott hat jeweils ein Rezensionsexemplar jedes Buches erhalten.
- Möglicherweise eine Anspielung auf den Schauspieler Jeffrey Combs, bekannt geworden durch seine Rolle als Dr. Herbert West in Stuart Gordon Horror-Kultfilm Re-Animator von 1985. ↩
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