Die althochdeutschen Zaubersprüche von Mirja Dahlmann
Bücher mit Zaubersprüchen darin sind normalerweise uralte Folianten, eingebunden in das Leder schwarzer Ziegen, verfasst von Nekromanten oder Hexen. Die althochdeutschen Zaubersprüche von Mirja Dahlmann dagegen ist ein handliches Buch in einem vor allem blau gehalten Softcover-Umschlag. Trotzdem liest es sich so spannend wie ein alter Foliant.
Einfach zauberhaft
Dankenswerterweise beginnt die Autorin ihr Werk mit der Beantwortung der Frage „Was ist Magie?“. Wer Zauberei vor allem aus Harry Potter oder Videogames kennt wird hier erst einmal mit dem philosophischen Hintergrund magischen Denkens vertraut gemacht. Dahlmann erläutert den Zusammenhang zwischen magischer und religiöser Weltsicht und die unterschiedlichen Denkmuster. Das umfasst zum Beispiel auch das Konzept von Berührungsmagie, dass Fantasy-Fans aus dem heilenden Handauflegen (unter anderem von D&D-Paladinen) kennen.
Dann geht Die althochdeutschen Zaubersprüche weiter auf das Konzept des Zauberspruches an sich ein. Der ist ja auch eine literarische Gattung. Hier wird auch klar, wie sehr die Zaubervorstellung des Mittelalters sich aus heidnischen und christlichen Ideen zusammensetzt. Beide Welten passen kaum zusammen, so dass eine widersprüchliche Mischung entstanden ist. Im letzten Teil stellt Dahlmann die Merseburger Zaubersprüche detailliert vor. Vor allem die weit auseinanderliegenden Interpretationen der letzten 200 Jahre zeigen, dass die Gedankenwelten des Mittelalters und des noch älteren Heidentums leider heutzutage nur in Bruchstücken nachzuvollziehen sind.
Lohnenswertes Zauberbuch
Die althochdeutschen Zaubersprüche ist ein absolut lesenswerter Ausflug in eine längst vergangene Welt, in der magisches Denken fest in der Gesellschaft verankert war. Wobei moderne esoterische Welterklärungsmuster Zweifel daran wecken, dass dieses Denken jemals wirklich weg war. Dahlmanns Buch ist mit zahlreichen Fußnoten und wissenschaftlichem Duktus nicht unbedingt eine leichte Lektüre. Aber eine lohnende für Neugierige auf eine Welt, die schon magisch war, bevor Zauberei ein popkulturelles Phänomen wurde.
Mirja Dahlmann: „Die althochdeutschen Zaubersprüche zwischen Heidentum und Christentum“ Meschede (Edition Roter Drache) 2017, 180 Seiten, 12 €
Fischpott hat ein Rezensionsexemplar von der Autorin erhalten.