Lollipop Chainsaw
Ja ja, die Japaner sind schon Spaßvögel. Goichi Suda aka Suda51 (bekannt unter anderem durch No More Heroes und Shadows Of the Damned) ganz besonders. Und wenn sich so ein Spaßvogel dann auch noch mit James Gunn (bekannt durch unter anderem das Drehbuch von Zack Snyders gelungenem Dawn Of The Dead Remake und Regie bei dem etwas anderen Superheldenfilm Super) zusammentut sollte ja auch ein ganz besonderer Spaß bei heraus kommen.
Sollte?
Könnte!
Das Spiel wurde auch schon seit circa einem Jahr fleißig beworben und Heldin Juliet zierte das eine oder andere Magazin-Cover. Außerdem kann man mit Kettensägen, Zombies und viel (halb-) nackter Haut auch gar nicht so viel falsch machen. Das gelungene Intro stimmt audio-visuell auf die folgenden Spielstunden ein und kurze Zeit später ist man auch schon im knappen Cheerleader-Outfit und mit Kettensäge bewaffnet am Uni-Campus und metzelt Zombies. Warum? Ist halt so. Juliet entspringt, soviel wird immerhin in den ersten 10 Spielminuten erklärt, einer Familie, in der die Zombiehatz quasi schon Tradition hat. Ein bisschen Buffy oder Devilhunter Yohko halt.
Ich will jetzt gar nicht so sehr auf die Story und die Gags eingehen, das können andere sicher viel besser als ich. Das größte Problem bei Lollipop Chainsaw ist seine Belanglosigkeit und die übergroßen Egos seiner Macher. Hier hätte ruhig noch einmal jemand, der sich damit auskennt, das Skript überarbeiten können. Man metzelt in fünf Leveln (+ Prolog und Endlevel) unzählige Untote nieder, sieht sich satt an aus Halsstümpfen spritzenden rosa Herzchen, lauscht der größtenteils passenden und stimmungsvollen Musik und ertappt sich schnell dabei, dass man immer die gleichen Knöpfe drückt und trotz recht großem Move-Repertoire eigentlich immer das Gleiche macht: Über die Gegner drüber springen (Kreis-Taste) und dann ein paar Mal sägen (Dreieck), wieder Springen, vielleicht auch mal im Sprung einen tieferen Sägeangriff (X) und (selten) mit den Pom-Poms einen Betäubungsschlag (Viereck). Das war’s eigentlich auch schon.
Zombie-Mäher
Aufgelockert wird das alles durch diverse Minigames (Zombie-Basketball, Zombie-Baseball, Mähdrescherfahren, Ballereinlagen etc. pp.), die den Braten aber auch nicht mehr fett machen. Gerade das Mähdrescherfahren ist ja vielleicht noch witzig, wenn man mal ein wenig rumfahren und Zombies plätten darf. Spätestens wenn man mit der recht lahmen Steuerung aber 300 Zombies aufmischen muss und die ganze Zeit nur unmotiviert hin und her fährt (und sich diverse dumme Sprüche aus dem Off anhören muss) wird es ziemlich langweilig. Beim Ballern mit der Chainsaw-Gun ballern ärgert man sich bald über die hakelige Steuerung und das total irritierende Aufschalten auf die Gegner inklusive Orientierungslosigkeit und Kameraproblemen. Einzig die Minigames im Level „Fulcis Fun-Center“ stechen hier ein wenig heraus, sind meistens aber auch eher fehl am Platze und wirken eher gewollt und nicht gekonnt.
Dazu kommt, dass die Optik nicht gerade der Hit ist. Schon wieder Unreal-Engine und schon wieder matschige Texturen, gewollt farbarmer Grindhouse-Look und die so typische leichte Unschärfe. Und gerade ein Spiel wie Lollipop Chainsaw würde von einem sterilen, sauberen Look (wie ihn teilweise Saints Row 3 zu bieten hat) ungemein profitieren. Und wenn das noch nicht genug ist kommt noch ein weiteres tolles Feature: Ladezeiten aus der Hölle, teilweise 30 Sekunden bis es weitergeht.
Zombie-Rocker
Schade, wo das Spiel eigentlich ganz spaßig daherkommt. Die Bosskämpfe sind abwechslungsreich, einige der Sprüche passen auch und es gibt auch diverse Anspielungen auf den einen oder anderen Horror-Film (ein O’Bannon Stadion, eine Romero-Highschool, ein Punk-Oberboss, der gerne Misfits hört und auch schon mal Die Die Darling ruft). Besonders hat mir der Witz auf Kosten rennender Zombies gefallen. James Gunn hatte eben diese im Remake zu Romeros Kultfilm Dawn Of The Dead quasi neu etabliert und in Dan O’Bannons Kulthit Return Of The Living Dead wurde auch schon fleißig gerannt. Dumm nur, dass die sicher deutlich über 30 Jahre alten Macher die ganzen Klassiker kennen, die sicher unter 18 Jahre alte Zielgruppe wohl aber nicht weiß, wer Lucio Fulci, George A. Romero oder Dan O’Bannon sind und sich auch sicher nicht für deren Filme interessieren dürfte.
Wenn ich das Spiel in eine Schublade packen müsste, würde ich es zusammen mit Wet, Mad World, House Of The Dead: Overkill, Onechanbara – Bikini Zombie Killers und vielleicht noch in Teilen Saints Row zumindest in den gleichen Schrank packen. Leider macht Lollipop Chainsaw dabei längst nicht so viel Spaß wie manch eines dieser Spiele. Nur Onechanbara ist noch repetitiver und dröger.
Zombie-Stopper
Passend dazu ist der Spaß dann auch nach circa 6 Stunden vorbei. Ich könnte jetzt noch die ganzen Kostüme freischalten oder meinen Level-Score aufbessern. Aber das will ich eigentlich nicht. Als Fazit würde ich sagen: Ein typisches Rental-Game, das man an einem Wochenende mit Unterbrechungen durchzocken kann. Mehr aber auch nicht. Vom Gebotenen her ist dieses Spiel maximal als Budget-Titel für die ganz beinharten Zombie-Fans zu empfehlen.
Ach so, und die USK16 ist auch mal wieder witzig. Sicher, irgendwie angemessen, aber nimmt sich das Spiel jetzt wirklich weniger Ernst als Dead Rising (keine Freigabe+beschlagnahmt) oder House Of The Dead: Overkill (keine Freigabe+indiziert)? Irgendwie hätte man all diese Spiele dann auch zumindest mit einer 18er Freigabe beglücken können, auch Lollipop Chainsaw ist teilweise recht derbe.
Lolipop Chainsaw: Der Trailer.
Wer noch eine zweite Meinung lesen will: Ein Amazon-Reviewer hat Lollipop Chainsaw tatsächlich in zahlreichen Knüttelversen besungen.
Fischpott-Autor Ulf hat Lollipop Chainsaw auf der Playstation 3 gespielt.
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