Lommbock
In der großen Juwelenkiste der komödiantischen Meisterwerke ist das Genre „Kiffer-Comedy“ jetzt nicht grade der Edelste aller Steine. Und dann noch aus Deutschland? UND DANN NOCH eine Fortsetzung, 15 Jahre nach Teil 1??
Wir sehen, die Zeichen für Lommbock stehen nicht gerade gut. Besonders wenn es um Kultfilme geht, sind Fortsetzungen oft mit größter Vorsicht zu genießen – viel zu schnell versucht man, alteingesessene Fans krampfhaft zufriedenzustellen und auf Gags zu setzen, die ja in Teil 1 schon funktioniert haben. Aber das Erfolgsrezept eines Kultfilmes lässt sich eben nur sehr selten einfach so kopieren und am Ende steht man dann mit einem Machwerk wie Anchorman 2 oder S.Darko da, mit denen niemand richtig glücklich ist.
Und schon sind wir bei Lammbock, ein Paradebeispiel für einen Kultfilm made in Germany. Nie besonders erfolgreich scharte die Kifferkomödie von 2001 über die Jahre dennoch eine beachtliche und hartnäckige Fan-Gemeinde um sich, die auch heute noch mit Freuden ganze Passagen um die Wette zitiert. Warum auch nicht – im Gegensatz zu den meisten Komödien aus Deutschland, die sich in unsere Kinos und DVD-Player schweighöfern, ist Lammbock auch heute noch ein höchst ungewöhnlicher, fast schon radikaler Film: Dreckig, krude und mit viel Herz, dazu ein herrlich verplantes Protagonisten-Duo, authentisch verkörpert von Moritz Bleibtreu und Lucas Gregorowicz, sowie eine Vielzahl an schrägen Figuren. Einem frühen Kevin Smith-Film gar nicht mal so unähnlich, vor allem wenn sich Bleibtreu und Gregorowicz beim Bauen anfangen über Gott, die Welt und den verfickten Alltag zu philosophieren.
Wenn der Dealer zweimal klingelt
Doch selbst die härtesten Lammbock-Fans der Bundesrepublik kamen nicht umhin, ein Stück vom Skepsis-Kuchen zu naschen, als die Ankündigung eines Sequels ihre Ohren kitzelte. Kann man nach 15 Jahren tatsächlich die Magie des Originals nochmal einfangen? Und für wen ist so eine Fortsetzung überhaupt? Schon Teil 1 war ja nie der große Keinohrhasen-Kassenrenner, der nach einer Neuauflage nur so schreit. Oder macht Lommbock alles anders und bietet etwas völlig neues?
Nicht nur in unserer Welt, auch im Lammbock-Universum sind 15 Jahre verstrichen. Geändert hat sich gleichzeitig sehr viel und überhaupt nichts: Stefan (Gregorowicz) ist mittlerweile erfolgreicher Rechtsanwalt und drauf und dran seine reiche Freundin in Dubai zu heiraten. Alles, was fehlt, ist seine Geburtsurkunde, die er eben fix in Deutschland abholen wird. Dumm nur, dass am Flughafen sein alter Freund Kai (Bleibtreu) auf ihn wartet, der ihm postwendend einen Problemberg THC-lastiger Natur beschert…
Alte Gesichter, neue Ausrichtung
Die Zutaten für einen lupenreinen Lammbock-Klon sind alle da: Der Original-Regisseur/Autor Christian Zübert ist hinter der Kamera, Bleibtreu und Gregorowicz schlüpfen mühelos in ihre alten Rollen und auch sonst geben sich viele bekannte Gesichter aus Teil 1, darunter Alexandra Neldel sowie Wotan Wilke Möhring und „Tech-Nick“ Antoine Monot Jr. in ihren Jay and Silent Bob-artigen Paraderollen Frank und Schöngeist die Klinke in die Hand. Trotzdem könnten beinharte Fans von Lammbock durchaus enttäuscht sein: Das dreckige Indie-Feeling ist definitiv weg. Auch wenn vor harten Gags nicht zurückgeschreckt wird, wirkt alles etwas polierter, etwas gelackter. Hinzu kommt, dass alle Beteiligten eben mittlerweile 15 Jahre älter sind – von den anarchischen Hänger-Rebellen ist da zwangsläufig nicht mehr ganz so viel übrig. Wer also gehofft hat, mit Lommbock den Geist des Originals heraufzubeschwören, wird hier enttäuscht.
Das versucht der Film gar nicht erst und wählt stattdessen eine andere Herangehensweise: Er erhöht die Gag-Dichte. Schaut man sich nochmal den ersten Teil an, wird man feststellen, dass dieser nie ein reines Lachfest war. Klar, es war eine Komödie, doch insgesamt erinnerte der Film eher an die frühen Kevin Smith-Filme als an humorlastigere Kifferfilme à la How high. Lommbock hingegen nutzt das über die Jahre perfektionierte komödiantische Talent seiner Darsteller voll aus und bietet eine Vielzahl an absurden Lachern. Nicht jeder Gag zündet, nein, und so manche Subplots sind ziemlich überflüssig, aber alles in allem ist die Qualität des Drehbuchs in Sachen Lacher gar nicht mal so schlecht, vor allem für einen deutschen Film.
Zwei wie Pech und Cannabis
Richtig heraus reißen es vor allem die Hauptdarsteller. Ich muss gestehen, ich war nie der große Moritz Bleibtreu-Fan, aber in diesem Film spielt er ganz groß auf. Sein Gespür für Timing ist perfekt und rettet so manchen misslungenen Gag über die Ziellinie. Lucas Gregorowicz hält wunderbar als „Straight Man“ dagegen und spielt Bleibtreu zuverlässig die Bälle zu, während er seine eigene Figur sehr schön weiterentwickelt. Ihre Interaktionen sind das wahre Highlight des Films und machen das Ganze zu einer mehr als sehenswerten Angelegenheit.
Ist Lommbock die Kult-Fortsetzung, auf die Deutschland gewartet hat? Nicht unbedingt. Man kann hinterfragen, ob es einen solchen Film überhaupt gebraucht hätte. Oder man kann sich von dem Film einfach mitreißen lassen. Er ist eine solide Komödie, der von seinen beiden Hauptdarstellern lebt und eine Menge herrlich absurden Kiffer-Humor bietet. Zwar nicht immer 100% treffsicher und das Drehbuch hätte die eine oder andere Straffung vertragen, aber wer sich damit abfindet, dass der Charme des Originals nicht mehr eingefangen werden kann, der wird mit 106 rundum unterhaltsamen Minuten unterhalten. Und für alle anderen gibt es eben immer noch Lammbock.
Fischpott-Disclaimer: Wir haben ein DVD-Ansichtsexemplar von Voll:Kontakt erhalten.
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