Pöppelstorys: Freiflug
Was denken Pöppel? Was fühlen Pöppel? Das Seelenleben der kleinen Spielfiguren aus Holz oder Plastik ist ein Mysterium. Dennoch versetzt sich unser Autor Fabian in seiner Reihe Pöppelstorys in eben diese Pöppel und erzählt kleine Geschichten aus ihrer Sicht. Wer meint, den vielgereisten Brettspielklassiker erkannt zu haben kann die eigene Vermutung über die Kommentarfunktion kundtun. Falls niemand auf die richtige Lösung kommt, werden wir im Lauf der kommenden Woche die richtige Antwort posten.
„Ich bestimme selbst, wo ich hinfliege!“ Wütend legte sie auf, während sie zu ihrem Gate lief. Mit etwas Glück erreichte sie den Sonderflug nach Kairo noch. Ihre Wut ließ sie schneller laufen. Was dachte sich dieser Johnson nur!
„Sie fliegen nach Bogotá und treffen dort Miller“ – wenn sie nur an seine lächerlichen Anweisungen dachte. Sie hatte ihren eigenen Kopf und natürlich auch ihren eigenen Plan. Johnson war nicht ihr Chef, er war Teil des Teams wie sie alle. Und er jettete doch genau so durch die Welt wie sie alle.
„Und wenn Sie Miller treffen, geben Sie ihm alle Forschungsergebnisse …“ – was für ein hanebüchener Mumpitz! Sie wusste genau, dass in Kairo alles vor die Hunde ging. Wenn sie dort nicht eingriff, war es das mit der Menschheit. Zwar war sie nur Forscherin, aber auch sie konnte den Leuten vor Ort helfen. Was Miller in Bogotá, Johnson in Delhi und Matthews in Atlanta anstellten, war zwar nicht unwichtig, aber sie erkannten einfach das Problem nicht. Kairo war wichtiger als ihre Langzeitstrategie. Ihr Telefon klingelte. Johnson? Nein, Miller.
„Ich brauche die Forschungsergebnisse!“ Jetzt fing er auch noch an!
„Das muss warten. Die Menschen in Kairo brauchen mich. Jetzt.“ Was stimmt nicht mit euch? dachte sie sich insgeheim. Millers Ton wurde dringlicher, fast schon flehend.
„Wir stehen kurz vor dem Durchbruch. Das Heilmittel …“
„Das Heilmittel kann warten. Muss warten. Wenn wir Kairo riskieren, riskieren wir Khartum, Algier, Istanbul, Bagdad und Riad. Der halbe Nahe Osten steht auf dem Spiel. Das Heilmittel wird dann zu spät kommen.“ Stille.
„Okay, auf Ihr Risiko. Wenn wir unsere Forschung nicht mehr abschließen können …“
„Dann heißt es sowieso Game Over. Ich weiß. Aber ich muss diesen Leuten helfen. Dann komme ich so schnell wie es geht nach Bogotá.“ Sie legte auf. Selbst Johnson musste das einsehen. Jetzt musste sie nur noch einen Flug für Übermorgen finden, der von Kairo nach Bogotá ging … Da, eine Nachricht auf ihrem Handy:
„Gute Entscheidung. Ich habe Dir einen Freiflug organisiert. Wir sehen uns in Atlanta.“ Auf Matthews war Verlass.