Poetry Slam Meisterschaft 2013: Top 5
Poetry Slam ist tot? Langweilig? Auf dem absteigenden Ast? Mitnichten! Das Finale der diesjährigen deutschsprachigen Meisterschaften hatte alles, was ein Poetry Slam bieten muss. Und eine Frau.
Aber was laber ich? Ihr seid bestimmt im Stress. Hier meine persönliche Top 5.
#5 David Friedrich
Zugegeben, bei David bin ich parteiisch. Wir haben ein Buch zusammen geschrieben. David ist mein Brudi. Oder, um es in seinen Worten zu sagen: Mein König, mein Kaiser, mein Führer, mein Haider, mein Süßer, mein Kleister, mein Sprüher, mein Meister.
David hat den Swag. Und sich diesen Platz im Ranking trotzdem verdient mit einem sehr rührenden, für ihn untypischen Text über Großeltern und hart kochende Kartoffeln. Ehrlich gesagt bin ich kein Fan davon, eine Krankheit wie Demenz mit Floskeln à la „Du hast dir das vergessen verdient“ zu verniedlichen. Aber es ist Lyrik, da ist ja irgendwie alles erlaubt.
Gönnt euch den Text, mit dem David Publikum und Slam-Kollegen gleichermaßen verzauberte und sich – völlig zurecht – als vierter Mann vorerst an die Spitze setzte.
#4 Jan Philipp Zymny
Nach Zymny in der Kirche, Zymny ermittelt und Zymny ist verliebt, diesmal: Zymny in der Fahrschule. Klingt wie eine Cartoonserie aus den 90er-Jahren. Und ist auch mindestens so charmant. Ach, Zymny. Wer wäre ich, würde ich über einen so genialen Poetry Slammer auch nur einen negativen Satz verlieren?!
Aus Zymnys Feder läse sich Schindlers Liste wie ein Lustiges Taschenbuch. Der jüngste Poetry-Slam-Champ aller Zeiten kann sich immer nur selber schlagen und ich bin schwer gespannt, was als nächstes kommt. Vielleicht Wetten, dass…?
#3 Lars Ruppel
Mein lieber Herr Gesangsverein gilt – nicht nur unter Kennern – als so etwas wie der Über-Text. Die sixtinische Kapelle. Die Sagrada Familia. Der Taxi Driver. Perfekt gereimt, witzig, ergreifend, stark euphorisierend und mit einer angenehm un-dick aufgetragenen Moral. Mehr Poetry Slam geht nicht. 50 von 50 möglichen Punkten, egal ob in Berlin, Basel oder Wermelskirchen.
Mein lieber Herr Gesangsverein steigert sich so perfekt wie ein 18-stündiger House-Mix auf JägerBull. (Vorausgesetzt, man hält es 18 Stunden lang aus, nicht auf die Toilette zu gehen.) Mir persönlich – ich betone nochmal: persönlich – ist Sprache aber nicht so wichtig. Ich weiß, damit stehe ich unter Slam-Poeten und dem typischen Publikum, bestehend aus Leseratten und Deutschlehrern, ziemlich alleine da. Aber für mich heiligt der Zweck die Mittel, nicht umgekehrt. Ich will große Ideen sehen und Grenzen, die gesprengt werden. Geschmackssache.
#2 Sulaiman Masomi
Grande. Einfach nur GRANDE.
Ich dachte zweimal tatsächlich, die Ordner würden ihn von der Bühne holen. (Das meine ich mit Zweck.)
#1 Hazel Brugger
Es ist eine kleine Tragödie für sich, dass der amtierende Schweizer Meister und zugleich die einzige Frau im Finale ausgerechnet den Anfang machen musste. Ich bin mir sicher, sonst hätte Hazel Brugger es zumindest aufs Siegertreppchen geschafft. Ich sah Hazel schon als zweiten Schweizer und zweite Frau und erste Schweizer Frau überhaupt im 17-jährigen Wettbewerb diesen Titel mit nach Hause nehmen. Vor wenigen Monaten wirkten die Texte auf mich hier und da etwas abgedroschen (Leprawitze etc.), doch mit dem Final-Text hat sie definitiv ein Zeichen gesetzt. Witzig, clever, böse und von geradezu poetischer Dunkelheit. So muss das sein.
Hazel Brugger ist der beste Beweis dafür, dass auch Frauen attraktiver werden, wenn sie Humor haben. Und ehrlich gesagt weiß ich nicht einmal, ob das ein Kompliment ist. Oder sexistisch. So verrückt macht mich diese Frau. Wegen mir könnte sie mir meine Ansichten (und meinen Kopf) den ganzen Tag neu formen.
Vorschaubild zu diesem Artikel: Jan Philipp Zymny am Mikro. Von Uwe Lehmann / Photographiemanufatur