Die brillante Mademoiselle Neïla
Feel-Good-Sozialdrama aus Frankreich um eine junge Frau, die durch die Teilnahme an einem Rhetorik-Wettbewerb das Ansehen ihres Professors retten soll.
Es ist ganz egal, ob sie verliert oder gewinnt
Neïla Salah (Camélia Jordana) will unbedingt Anwältin werden und hat es auch an die Juristische Fakultät der Universität Paris geschafft. Ausgerechnet zu ihrer ersten Vorlesung kommt sie aber zu spät. An sich wäre das kein Problem, wenn sich ihr Professor Pierre Mazard (Daniel Auteuil) nicht vor dem versammelten Hörsaal mit ihr anlegen, sie bloß stellen und rassistische Äusserungen los lassen würde. Obwohl es sie wütend macht, will Neïla die Sache auf sich beruhen lassen. Ihre Kommiliton*innen jedoch haben die offensichtlich bekannten Ausrutscher Mazards satt und reichen Beschwerde ein. So sieht er sich ziemlich schnell mit einer möglichen Entlassung konfrontiert. Um dies zu verhindern, schlägt ihm der Präsident (Nicolas Vaude) der Universität vor, Neïla auf einen renommierten Rhetorik-Wettbewerb vorzubereiten, um sein Image aufzupolieren. Widerwillig nimmt er das Angebot an und schafft es auch Neïla zu überzeugen.
Scheiß auf die Wahrheit, man muss nur überzeugen
Ab der ersten Stunde ihres Rhetorik-Unterrichts provoziert Mazard Neïla und fordert sie unentwegt heraus. Seiner Meinung nach muss sie lernen, nicht immer alles persönlich zu nehmen.
Nach anfänglichen Schwierigkeiten lässt sie sich auf seine Methoden ein und gewinnt eine Vorrunde nach der anderen. Zuhause schafft sie es, ihre alleinerziehende Mutter und ihre eher konservative Oma an einen Tisch zu bekommen. Auch traut sie sich durch ihre neu gewonnene Schlagfertigkeit endlich die platonische Barriere zu ihrer Kindheitsliebe Mourin (Yasin Houicha) aufzugeben. Bis ihr ein vermeintlich wohlwollender Kommilitone (Jean-Baptiste Lafarge) steckt, was Mazard wirklich vorhat.
Die Kunst der schönen Rede
Anfangs scheint Die brilliante Mademoiselle Neïla von Regisseur Yvan Attal noch darauf bedacht, Klischees zu umgehen. So wird Neïla nicht streng gläubig erzogen, kommt gut mit ihrer Familie klar und auch das Leben in einer Hochhaussiedlung wird als Ort für langjährige Freundschaften gezeigt. Ebenso ist die Kritik an Mazard, der ständig seine Umgebung reizen und aufstacheln will, nuanciert und gut gesetzt.
Doch nach und nach fällt beim Zuschauen auf, wie unterschwellig sehr wohl Stereotype präsentiert werden. Neïla ist die temperamentvollen Araberin, die von einem weißen Mann gezähmt wird („Mein Gott, jetzt hat sie’s“ hat nur noch gefehlt). Er wiederum ist der einsame Kauz, dem eigentlich nur das Selbstbewusstsein und Verständnis fehlt. Auch ignoriert der Film vollkommen Neïlas gesamte Lebensgeschichte als nicht-weiße Französin, durch die sie überhaupt gelernt hat, dumme Sprüche nicht auf sich beruhen zu lassen und sich zu wehren.
Das Mädchen, das ich kenne, gibt nicht so leicht auf
Der klassische Aufbau einer Aufsteiger-Story ist ebenfalls vorhersehbar. Natürlich lernt Neïla sich von der Meinung ihrer Umgebung zu lösen und krempelt ihr halbes Leben um. Natürlich will sie irgendwann hin schmeißen, reißt sich dann aber zusammen. Natürlich setzt sie sich am Ende sogar für Mazard ein. Es ist enttäuschend. Dass „Die Welt“, der „Stern“ und der „Deutschlandfunk“ hochlobende Töne fanden, lässt nur vermuten, wer die Kritiken geschrieben hat. Der NDR betitelt den Film sogar als „Unterhaltsame Culture-Clash-Komödie“. Das Einzige, was hier clasht, ist die Idee, man könne Rassismus durch eine Komödie beseitigen.
Disclaimer: Wir haben die DVD zu Rezensionszwecken erhalten.