Fear the Walking Dead – Staffel 1
Was haben Frasier, Xena, Joey und Better Call Saul gemeinsam? Sie sind alle Spin-Offs erfolgreicher Serien. Während die genannten jedoch einen Charakter aus dem Original in den Mittelpunkt rücken und weiterverfolgen, kommt Fear the Walking Dead als Prequel zu The Walking Dead ohne bekannte Gesichter daher.
Zu Beginn werden wir dennoch sofort mit dem Grauen der lebenden Toten konfrontiert, wenn der drogensüchtige Nick (erinnert an den jungen Johnny Depp: Frank Dillane) vor seiner verstorbenen Freundin aus einer heruntergekommenen Kirche flieht, um nicht als ihr Mittagessen zu enden. Ein spannender vielversprechender Auftakt, der das Tempo hoch ansetzt, nur um dann erst mal eine Vollbremsung hinzulegen, denn die Zombiekalypse folgt ihren schlurfenden Protagonisten … sie geschieht vor allem langsam. Viele Zombiefilme und auch das Original The Walking Dead beginnen mehr oder weniger nachdem die Welt bereits zur Hölle gefahren ist. Warum das Militär die langsamen Toten nicht stoppen konnte und was aus der Regierung geworden ist, wird selten behandelt. Erst Max Brooks Buch World War Z beschäftigte sich damit, wie eine moderne Armee von – eigentlich hoffnungslos unterlegenen – Zombies überrascht werden kann und welche Strategien eine Regierung entwickelt, um die Epidemie zu bekämpfen. Aspekte, die in der Verfilmung wieder eher in den Hintergrund gerieten … und das vielleicht aus gutem Grund. Will man wirklich Politiker in einer sicheren Bergsiedlung dabei zusehen, wie sie das weitere Vorgehen bereden? Das dachten sich wohl auch die Macher von Fear the Walking Dead und ließen die Frage, wie das eigentlich alles in unserer heutigen Welt passieren konnte, einfach unbeantwortet. Stattdessen erleben wir den Untergang aus der Mikroperspektive einer Patchwork-Familie im Vorort von Los Angeles.
Familienvater Travis (Cliff Curtis) hat es nicht leicht. Immerhin versucht er sich den Kindern seiner Lebensgefährtin Madison (Kim Dickens) anzunähern, ohne den Kontakt zu seinem leiblichen Sohn Chris (Lorenzo James Henrie) zu verlieren. Eine Situation, die an sich bereits konfliktbeladen genug wäre, wären besagte Kinder nicht pubertierende Teenager und einer von ihnen ein heruntergekommener Junkie (bereits genannter Nick), der eigentlich gar nicht wirklich vom Stoff runterkommen will. Die ersten Folgen von Staffel 1 konzentrieren sich dann auch hauptsächlich auf die Familienkonstellation. Das verleiht den Charakteren zwar durchaus Tiefe … lässt die Serie aber etwas stark in Richtung eines durchschnittlichen Familiendramas abdriften. Die bevorstehende Übernahme der Untoten schwebt dabei zwar konstant im Hintergrund, taucht aber nur selten konkret auf. Stattdessen versucht die Serie eine bedrohliche Atmosphäre zu erzeugen, was zwar gelingt, aber so sehr das Tempo rausnimmt, dass es schnell anfängt zu nerven. Das größte Problem ist, dass der Zuschauer weiß das die Zombies das Land überrennen werden. So erwischt man sich häufig dabei zu hoffen, dass endlich mal eine Horde Zombies durch die Menschen fegt und das Überleben beginnen kann.
Um nicht zu sehr den Plot der Staffel vorwegzunehmen sei nur noch gesagt, dass auch im weiteren Verlauf das Tempo einfach nicht anziehen will. Sobald man denkt, dass die Familie nun auf sich allein gestellt mit der neuen Situation klarkommen muss, wird die Bedrohung per deus ex machina fix wieder entfernt und wir konzentrieren uns erneut darauf, dass Travis eben nicht der Vater von Alicia und Nick ist, genauso wenig wie Madison die Mutter von Chris. Natürlich ist die Serie auch in diesen Momenten kein reines Familiendrama, aber sie kommt gefährlich nah dran. Erst in der letzten Folge sehen wir die Protagonisten wirklich im Angesicht der Bedrohung und auch wenn ihre Entscheidungen dabei nicht vollends nachvollziehbar sind, endet die Staffel mit der deutlich besten Folge und macht Hoffnung, dass die bereits angekündigte zweite Staffel einige Macken ausmerzen wird.
Die Idee Fear the Walking Dead als Prequel anzusiedeln ist eigentlich genial und hätte deutlich besser genutzt werden können, um sich vom Original abzusetzen. Leider kriegt man viel zu wenig mit vom Untergang der Welt. Zwar zeigt die Tendenz für die 2. Staffel nach oben, dennoch steht zu befürchten, dass die Macher die apokalyptische Welt nun genauso inszenieren wie es aus TWD bereits bekannt ist. Am Ende bliebe man mit einem Klon des Originals am anderen Ende des Landes zurück. Travis ist vom Typ her so nah an Rick Grimes dran, dass man seine Entwicklung im Zuge der kommenden Staffeln bereits vorrausahnen kann. Allein der drogensüchtige Nick dröhnt sich als frische Note durchs bekannte Konzept.
Eigentlich kann man es den Produzenten nicht übel nehmen, dass sie den beschriebenen Weg eingeschlagen haben. Immerhin will man mit einem Spin-Off ja die Fans des Originals fangen und diejenigen, die sich nicht durch die vielen Staffeln von TWD kämpfen wollen um up to date zu sein. Dafür muss man zwar im gewissen Maße Neues bieten, aber eben auch das, was den Vorgänger ausmachte. Vorwissen ist bei der Serie übrigens nicht notwendig. Vermutlich wird Fear the Walking Dead sich zunehmend in Richtung Original entwickeln und vielleicht tut die Serie auch gut daran. Zumindest könnte sie deutlich mehr Tempo vertragen. Dennoch, wer auf Zombies steht und regelmäßig die Vorlage verfolgt, der macht bei Fear the Walking Dead nichts falsch … immerhin will die Zeit bis zur nächsten Staffel von Rick Grimes Zombiekalypse auch überbrückt werden.
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