Unsere wilden Lieblinge – DVD
Der beste Freund des Menschen ist …
Der beste Freund des Mannes, so verkündet Norman Bates in Psycho, sei seine Mutter. Für viele andere ist der beste Freund doch eher der Hund. Oder die Katze, das Kaninchen, der Hamster, das Meerschweinchen, der Wellensittich, das Pferd, der Goldfisch. Nun sind einige der Protagonisten der BBC Earth-Dokumentation Unsere wilden Lieblinge auch Mütter. Und so schließt sich der Kreis. Es gibt ja auch kaum etwas Hübscheres als Tierbabys – was wäre das Internet ohne sie! Kein Wunder also, dass die zweiteilige Haustier-Doku mit einem Trupp knuffiger Hundebabys beginnt, die sich eine Kissenschlacht liefern. Unsere wilden Lieblinge kann aber durchaus mehr als süß. Sonst wäre es keine BBC Earth-Dokumentation.
Unsere wilden Lieblinge (Pets – Wild at Heart) wäre keine Tierdokumentation der hierauf spezialisierten John Downer Productions, kämen nicht einige kameratechnische Finessen zum Einsatz. Einen Eindruck von John Downers Arbeit hatten wir uns schon anhand seiner Eisbären-Dokumentation verschaffen können, für die der britische Tierfilmer als Schneekugeln und Eisberge getarnte Kameras ins Rennen geschickt hatte. Bei den Haustieren nun wählt er zum Teil bekannte, zum Teil aber auch überraschend neue Techniken. Als mittlerweile schon fast als alltäglich zu bezeichnen – und dennoch immer wieder beeindruckend – ist da natürlich die extreme Zeitlupe zu nennen. Wenn die Hundchen auf einem Bett herumtoben und so lange an einem Kissen herumzerren, bis die Federn fliegen, sieht dies in Zeitlupe gleich noch lustiger aus. Dass die Welpen damit nicht nur auf spaßige Weise ihre überschüssige Energie abbauen, ist Hunde-Freunden sicherlich bekannt. Es geht um beinhartes Überlebenstraining für das spätere Leben. Wie ihre wölfischen Vorfahren sind Hunde Rudelwesen. Deshalb müssen sie die Regeln des Sozialverhaltens lernen und die Fertigkeit des gemeinsamen Beutemachens üben.
Der Hamster – Glücksgefühle eines Läufers
Die extreme Zeitlupe macht auch ganz viel Sinn bei einem Hamster im Laufrad. Könnten Hamster erzählen, würden sie wahrscheinlich verkünden, dass so ein Laufrad ein Geschenk Gottes sein muss. Selbst in freier Wildbahn, in der die kleinen Racker aus Gründen der Überlebenssicherung pro Nacht mal locker 10 Kilometer zurücklegen, kommt so ein Laufrad gut an und wird rege genutzt. Offenbar erleben Hamster in der Rennmühle dank erhöhter Ausschüttung von Endorphinen mächtig viel Spaß. Um zu zeigen, wie genau nun der Bewegungsablauf vonstattengeht, nutzt das Filmteam eine sehr spezielle Methode: In Zusammenarbeit mit Tierärzten injizierten sie (nicht nur) den Hamstern eine kleine Dosis Röntgenstrahlen und nutzten einen Fluoreszenzschirm zur Darstellung des Skeletts in Bewegung. Auf der Website der Produktionsfirma betont das Team, dass diese Röntgendosis unterhalb der Belastung eines Menschens liegt, der einen Transatlantikflug hinter sich bringt. Bedenklich wirkt diese invasive Maßnahme zur Gewinnung dieser durchaus beeindruckenden Bilder allerdings schon auf mich.

Hamster lieben Laufräder.
Die Insel der Katzen
Eine andere, nicht-invasive Technik ist die des Wärmebildes. Kleine Katzen können ihre Körpertemperatur noch nicht selbst regulieren und benötigen zum Überleben also dringlich ihre Mutter. Die Wärmebildkamera macht das Problem deutlich: Bewegt sich der allzu vorwitzige Nachwuchs zu weit von der Mama weg, kühlt das Kleine schnell aus. Mama muss also hinterher und das Baby wieder zurückholen. Wenn Mama aber nicht in einem gemütlichen Dosenöffner-Haushalt lebt, muss sie beizeiten auf Nahrungssuche gehen. Auf der japanischen Insel Tashirojima, auf der mehr Katzen als Menschen leben, regeln die erwachsenen Tiere das Dilemma mittels Babysitterin. Dabei kann es aber auch passieren, dass die Babysitterin sich durch das Verhalten des Welpen zum Spielen animiert fühlt, und das kann sich auch bei Katzen bekanntlich wild gestalten. Erst wenn das Baby in ein Bodenloch fällt, erinnert sich die Ersatzmutter wieder an ihre Jobbeschreibung und gibt sich, scheinbar voller Schuldgefühl, alle Mühe, das Kitten zu retten, bevor die Mutter zurückkommt.
Kommunikation sichtbar gemacht
Gerade Katzen werden sich wohl nie mit vollem Herzen dem reinen Haustierdasein hingeben. Sie sind und bleiben ihre Freiheit liebende Jäger, selbst wenn sie einen vollen Dosenfutter-Bauch haben. Ob sie sich nun eine Maus mit nach Hause bringen oder vor dem beliebten Katzenfernsehen sitzen, sprich: einem Aquarium – auch Katzen wollen nur spielen. Mittels Schlierenfotografie zeigen die Tierfilmer Luft- oder wie im Fall des Goldfischbeckens auch Wasserströmungen, mittels derer die Tiere miteinander kommunizieren. Schlägt die Miezekatze mit ihrer Pfote gegen das Glas, dann nehmen die Goldfische dies mit ihrem Seitenlinienorgan wahr, einem Sinnesorgan für Bewegungsreize. Auch ihre Kommunikation untereinander basiert auf dieser für uns unbekannten Sinneswahrnehmung. Ebenfalls für uns nur dank technischer Errungenschaft wahrnehmbar ist Kommunikation mittels ultravioletten Farbenspiels. Zur Paarung bereite Wellensittich-Männchen werben um Weibchen mit ihrer Fähigkeit, UV-Strahlen zu absorbieren und so in spezieller Schönheit zu erstrahlen. Da kann kaum eine Wellensittich-Dame nein sagen. Sagen kann sie ohnehin eine ganze Menge, wenn auch nur nachsagen. Das gekonnte Nachahmen von Geräuschen wie zum Beispiel der menschlichen Sprache ist eine der Wellensittiche einfachste Übung.
Auch sehr kleine Tiere haben Respekt verdient
Unsere wilden Lieblinge ist angenehmes Infotainment mit zum Teil neuen Erkenntnissen rund um die Welt der Haustiere. In zwei Teilen à 50 Minuten erzählt, ist das Info-Programm schon allein wegen seiner sehr süßen Bilder und Geschichten auch für die Kleineren unter uns geeignet. Für Groß und Klein vermittelt das Filmerteam Infos, die zu einem besseren Verständnis des tierischen Verhaltens und damit vielleicht auch zu etwas mehr Respekt im Umgang mit den Haustieren beitragen könnten. Wie viele Hamster sind in deutschen Haushalten schon eines üblen Todes wie dem Zerquetschen durch plötzlich schließende Türen oder dem Ertrinken in der Kloschüssel gestorben – oft nur quittiert mit einem gelangweilten Schulterzucken seitens der Eltern der letztlich doch meist sehr geknickten kindlichen Tierfreunde, die ihre kurze Trauer dann aber auch schnell überwinden.
Hamster (genauso wie Hunde, Katzen, Kaninchen, Meerschweinchen und was da nicht sonst so alles die Haushalte bevölkert), liebe Eltern, gehören nicht in Kinderhände. Die Verantwortung tragt allein ihr. Und nur weil die Tiere für einen Appel und ein Ei in Zoofachgeschäften oder von Privatpersonen im Internet vertickert werden, bedeutet das nicht, dass sie kein Recht auf ein artgerechtes Leben hätten. Für das habt ihr als Erwachsene gefälligst zu sorgen, bis zum altersbedingten Tod des Tieres. Wem das zu viel oder zu anstrengend ist, lässt besser die Finger davon. Ihr wolltet einen besten Freund? Dann behandelt ihn auch so. Das wollte ich nur mal gesagt haben.
Fischpott Disclaimer: Fischpott hat eine DVD als Rezensionsexemplar von Polyband erhalten.