Webcomics. Einführung und Typologie
Comics ernst zu nehmen – als Kunstform, als Kultur, als Erzähltechnik – ist ein Schritt, den die deutsche Gesellschaft immer noch nicht so recht wagt. Ganz zu schweigen von Online-Comics: Ungedruckt und kostenlos, das klingt ja schon zutiefst unseriös.
Nichtsdestotrotz hat der Christian A. Bachmann Verlag ein Buch herausgebracht, das sich mit der Geschichte und Typologie der digitalen sequenziellen Kunst beschäftigt. Webcomics. Einführung und Typologie von Björn Hammel beginnt mit einer Definition des Begriffs Comic – und schon hier wird klar, dass die Sache nicht so einfach ist. Welche Kombination von Text, Bild und Abfolge ein Comic sein kann, ist hoch variabel. Wenn dann noch das Digitale dazukommt, wird es sehr unübersichtlich. So sind die Grenzen zum eComic oder zum Motioncomic teilweise unscharf bis willkürlich. Wie Mario Sixtus es vor kurzem am Beispiel von eBooks ausgeführt hat, sind trennscharfe Definitionen von digitalen Medien schwer zu finden. Trotzdem schafft es der Zeichner und Literaturwissenschaftler Hammel sehr überzeugend, die verschiedenen Definitionsmöglichkeiten zu erörtern. Im nächsten Kapitel beginnt er mit der Geschichte des Webcomics von Doctor Fun über Dilbert (schon damals eine Art Amphibium zwischen Print und Online) und Penny Arcade bis zu Wormworld Saga. Mit den wachsenden technischen Möglichkeiten entwickeln sich auch die Comics, allein schon die Option „Save for web“ in Grafikprogrammen erleichtert den KünstlerInnen die Arbeit. Mit der Verbreitung von Internet-Anschlüssen wächst das Publikum immer weiter, bis schließlich auch die großen Verlage in die Onlinepublikation einsteigen.
Nach diesem kurzen Abriss dieser Geschichte geht es in Webcomics. Einführung und Typologie um die Kategorien des Genres. Hammel erläutert konventionelle, adaptive, hypertextuelle, interaktive, multimediale und experimentelle Webcomics. Jede Kategorie wird mit Beispielen erfasst, wobei der Autor auch hier darauf eingeht, dass es fließende Übergänge gibt und Eindeutigkeiten eher fiktiv sind. Nach einem kurzen Überblick über Technologien zur Darstellung zeichnet Hammel im Ausblick ein Bild der Zukunft, in der sich die Webcomics immer weiter entsprechend der technischen Möglichkeiten im Leitmedium Internet entwickeln werden. Anmerkungen, ein Glossar und Quellenhinweise vervollständigen die wissenschaftliche Arbeit.
Denn genau darum handelt es sich bei Webcomics. Einführung und Typologie. Es ist ein Buch für alle, die eine Verknüpfung der Felder Literaturwissenschaft und Webcomics zumindest interessant finden. Dieses Buch beantwortet ein paar Fragen über Webcomics. Aber vor allem hilft es uns, neue Fragen über Webcomics zu stellen.
Linkliste
Die Webcomictipps der Fischpott-Redaktion
- Cat and Girl – eine Katze, ein Mädchen und experimentelle Metanarrative (englischsprachig)
- Demolitionsquad – Games und Nerdkram
- Raven’s Dojo – Kung Fu, Klamauk, Sex und Gewalt (englischsprachig)
- The K chronicles – Afroamerikanischer Alltag satirisch betrachtet (englischsprachig)
- Tot aber lustig – Cartoons mit Fliegen und Sensemännern
- Tom Gauld – Niedliche Monster und spitznasige Strichmännchen (englischsprachig)
- Virus Comix – Philosophie und Monster und Menschen und Leben (englischsprachig)
- xkcd – Romantik, Sarkasmus, Mathematik und Sprache (englischsprachig)