Wildes Korea – Unbekanntes Paradies DVD
Die Natur kennt keine Grenzen
Ob nun Wildes Japan, Wildes Österreich oder auch Wilde Eifel – wilde Naturdokus gibt es eine ganze Menge. Dabei darf man natürlich nicht erwarten, dass plötzlich Löwen durch die Eifel oder Tapire durch Österreich tigern. Wild bedeutet vielleicht das Paarungsverhalten von Borkenkäfern. Oder die Rückkehr der Wölfe. Bei Wildes Korea stellt sich die Frage, wie viel Chance wilde Tiere auf dieser gebeutelten Halbinsel überhaupt haben. Aber des einen Leid kann durchaus des anderen Freud sein: In der Demilitarisierten Zone zwischen Nord- und Südkorea hat die Natur bewiesen, wie wenig sie von Grenzen hält.
Von Seefrauen und knutschenden Schlammspringern
Im ersten Teil der Naturdoku Wildes Korea geht es ausschließlich um Südkorea. Und von dort geht es nochmals südlicher nach Jejudo, einer am Ausgang der Koreastraße zum Ostchinesischen Meer liegenden Insel. Hier leben die Haenyo. Dies sind nicht etwa eine seltene Art der Meeressäuger, sondern ansässige Frauen, die nach Meeresschnecken tauchen. Auf diese Weise bestreiten die Haenyo den Lebensunterhalt ihrer Familien. Dabei gilt hier als jugendlich, wer noch keine siebzig ist. Es wundert also nicht, dass hier die wohl älteste Taucherin der Welt im zarten Alter von 94 noch immer aktiv ist. Wie ihre Kolleginnen geht es auch für sie ohne Atemgerät in eine Tiefe von bis zu 20 Metern.
Derweil sich eine Lebensform, deren Habitat eigentlich das Wasser ist, an Land trollt. Schlammspringer haben tatsächlich Flossen statt Arme und Beine. Dennoch verbringen diese amphibischen Fische mindestens die Hälfte ihres Lebens an Land. Zur Fortbewegung nutzen sie ihre Flossen, mit denen sie sich in einer Art Hoppelgang vorwärts bewegen. Mit ihren deutlich vom Kopf hervorstehenden Augen haben sie dabei stets den Überblick. Bei der Balz wirft sich auch der kleinste Schlammspringer, die ohnehin nur fünf bis 16 Zentimeter lang sind, schwer ins Zeug. Galant streicht er sich immer wieder seitlich übers Gesicht, während er eine Art Wackeltanz vorführt. Hat die Verehrte endlich seine Aufmerksamkeit, scheinen die beiden erst einmal ausgiebig zu knutschen, bevor sie sich ins Erdloch-Séparée zurückziehen.
Beide, Haenyo und Schlammspringer, bilden den thematischen Schwerpunkt des ersten Teils. In dem ansonsten noch die Falknerei von sich Reden macht. Habichte entscheiden in Südkorea nämlich selbst, wie lange sie mit ihrem Falkner zusammenarbeiten wollen.
Symbole des Friedens in der Demilitarisierten Zone
Die Demilitarisierte Zone (DMZ) teilt nun schon seit 1953 die koreanische Halbinsel in zwei Staaten auf. Die DMZ ist knapp 250 Kilometer lang, ungefähr vier Kilometer breit und darf von beiden Seiten ohne hochoffizielle Genehmigung nicht betreten werden. Die Natur allerdings hält sich an derlei Verbote nicht. Tretminen, Panzersperren und Stacheldrahtzäunen zum Trotz haben sich hier Lebensräume entwickelt, die auch vom Aussterben bedrohten Tieren ein Überleben ermöglichen. So zum Beispiel den Mandschurenkranichen, jenen Symbolen des Friedens, deren anmutigen Balztänzen wir schon im Wilden Japan zuschauen konnten.
Eine andere sehr seltene Vogelart, die hier ein Zuhause gefunden hat, ist der Schwarzstirnlöffler. Ende der Achtzigerjahre gab es von ihnen keine 300 Exemplare mehr weltweit. 2005 hingegen waren es aufgrund verstärkter Schutzbemühungen immerhin schon wieder mehr als 1400 Tiere. Einer ihrer Lieblingsnistplätze befindet sich nun im Bereich der DMZ. Wenngleich sie sich hier von Menschen unbedroht fühlen können, leben sie im Dauerstreit mit den wesentlich kleineren Japanmöwen. Die Schreiduelle, mit denen sie um gute Nistplätze streiten, haben dabei viel von der gegenseitigen Beschallung Nord- und Südkoreas an Grenzübergängen.
Todesmutigen Bienen und Migranten aus Nordkorea
In der DMZ gibt es eine Bienenart, die sich in einem wesentlichen Punkt von allen anderen auf der Erde bekannten Bienen unterscheidet: Sie weiß sich gegen Hornissen zur Wehr zu setzen. Eigentlich sind sie wie jede andere Biene gegen die viel größeren und so viel besser gepanzerten Hornissen unterlegen. Doch die koreanischen Bienen setzen eine einzigartige Taktik ein: Zu mehreren umringen sie ihren Feind, formen dabei eine Kugel um ihn herum und fangen dann an zu vibrieren. Damit erreichen sie Temperaturen von mehr als 45 Grad. Und das ist auch der wildesten Hornisse zu heiß.
Die wahren Herrscher der DMZ sind aber die Wildschweine. Viele von ihnen stammen wahrscheinlich aus Nordkorea und haben sicherlich auch nicht vorher eine Genehmigung beantragt. Dank reichhaltigen Nahrungsangebotes, so zum Beispiel diverse Schlangenarten, wächst ihre Population ständig weiter. Und sollte es tatsächlich mal nicht genug zu essen geben, dann futtern sie sich halt gegenseitig auf. Kannibalismus kommt selbst unter Wildschweinen zwar nicht allzu oft vor, die Naturdoku Wildes Korea kann diese spezielle Form der Ernährung jedoch belegen.
Wildes Korea – Fazit
Mit Wildes Korea hat Naturfilmer James Reed eine solide Arbeit vorgelegt. Für meinen Geschmack hätten die beiden Teile allerdings mehr Tier und weniger Mensch zeigen können. Andererseits liegt es ja nun immer an den menschlichen Bewohnern einer Region, ob Wildtiere überhaupt noch Lebensräume vorfinden. Insofern erschien mir der zweite Teil rund um die Demilitarisierte Zone sicherlich als der weit interessantere. Wenngleich das Kamerateam nur einen kleinen Blick auf diesen ansonsten menschenleeren Bereich werfen konnte. Grundsätzlich gilt, dass der größte Teil der DMZ unzugänglich ist. So bleibt nur die Vermutung – nennen wir sie Hoffnung -, dass eines der seltensten Tiere der Welt, der Amurleopard, hier eine Chance auf Überleben gefunden hat.
Fischpott Disclaimer: Wir haben ein Rezensionsexemplar von Polyband erhalten.