Extremely Wicked, Shockingly Evil and Vile
In Extremely Wicked, Shockingly Evil and Vile geht es um einen der berüchtigtsten Serienmörder Amerikas. Ted Bundy wurde am 24. Januar 1988 hingerichtet und hat erst kurz vor seinem Tod 30 Morde gestanden. Experten gehen davon aus, dass er eher 60-100 Frauen ermordet hat. Verurteilt wurde er 1980 für 3 Morde, gestanden hatte er diese damals nicht. Sein Prozess war der erste in der amerikanischen Geschichte, der live im TV übertragen wurde. Die mediale Aufmerksamkeit war entsprechend groß. Von vielen wurde der Prozess als Freak-Show wahrgenommen. Ebenfalls bemerkenswert: Ted Bundy hat sich vor Gericht selbst verteidigt und sein Bild ist in die Popkultur als Inbegriff des Wahnsinns eingeflossen. Nach seinen Ted Bundy Tapes legt Regisseur Joe Berlinger mit Extremely Wicked, Shockingly Evil and Vile einen Spielfilm über den Serienmörder nach.
Mein Leben mit der Bestie
Extremely Wicked, Shockingly Evil and Vile beginnt im Gefängnis. Elizabeth Kloepfer (Lily Collins) besucht zum letzten Mal ihren damaligen Verlobten Ted Bundy (Zac Efron). Sie möchte sich nicht verabschieden, sie möchte die Wahrheit wissen. Sie möchte wissen, ob ihr langjähriger Lebenspartner wirklich die Bestie ist, die Frauen nicht nur ermordet, sondern regelrecht zerstört hat. Liz möchte mit diesem Abschnitt Ihres Lebens abschließen. Die erste Hälfte von Extremely Wicked, Shockingly Evil and Vile handelt dann folgerichtig von Liz und Ted, wie die beiden sich kennengelernt haben. Zusammen gelebt, gelacht und gebumst haben. Kennengelernt haben sich die beiden in einer Bar, ganz klassisch. Ted hatte kein Problem damit, dass Liz noch eine kleine Tochter hat. Sie kommen zusammen und träumen von einer gemeinsamen Zukunft. Eines Tages wird Ted von der Polizei aufgegriffen. Er hat mehrere Stopschilder überfahren und unter anderem eine Strumpfmaske und Handschellen in seinem VW Käfer. Damals konnte man sich noch nicht als 50 Shades of Grey-Fan herausreden und so steht Ted zum ersten Mal vor Gericht.
Ein charmanter Typ
Ted Bundy wird dabei in Extremely Wicked, Shockingly Evil and Vile als sehr redegewandt und charmant porträtiert. Dies liegt in erster Linie daran, dass man sich als Vorlage Elizabeth Kloepfers Buch The Phantom Prince: My Life with Ted Bundy herangezogen hat. Dies führt aber auch dazu, dass wir als Zuschauer ebenfalls die ganze Zeit dem Charme eines soziopathischen Mörders ausgeliefert sind. Genau wie Liz anfangs zweifelt, ob Ted wirklich zu Recht vor Gericht steht, überlegen auch wir uns: Was haben die Behörden eigentlich konkret gegen Ted in der Hand? Er schafft es immer wieder, die Indizien (Zeugenaussagen, Gegenüberstellungsergebnis, Werkzeuge im Auto) zu entkräften und sich dabei recht klug zu verkaufen. Dabei waren die Hinweise auf Ted Bundy als möglichen Frauenmörder in Wirklichkeit deutlich klarer präsentiert. Er wurde von Zeugen halbwegs erkannt, er war bei möglichen Mordserien in der Gegend. Die Morde hörten auf, als er umgezogen ist und gingen woanders wieder los. Sein Auto war recht auffällig (so fehlte sein Beifahrersitz, was auch Zeugen an verschiedenen Orten, wo Frauen verschwunden sind, aufgefallen war).
Extremely Wicked, Shockingly Evil and Vile
Die Darstellung Ted Bundys ist dabei nicht das Problem von Extremely Wicked, Shockingly Evil and Vile. Zac Efron spielt hier wahrscheinlich die beste Rolle seiner bisherigen Karriere. Man kann auf jeden Fall nachvollziehen, warum Ted Bundy auch während des Prozesses so viele Verehrerinnen hatte und das mediale Interesse so groß war. Man kann auch halbwegs nachvollziehen, dass wir es hier mit einer sehr starken Persönlichkeitsstörung zu tun haben. Ein Unrechtsbewusstsein ist nicht vorhanden. Er fühlt sich total im Recht und alle anderen sind im Unrecht. Er ist umgeben von Gegnern, die ihn gar nicht verstehen wollen. Wenn man sich mit der Person Ted Bundy näher beschäftigt und auch seine Morde dabei betrachtet fällt auf, dass Ted Bundy extrem gewalttätig vorgegangen ist. Immer wieder zu den Leichen zurückgekehrt ist (sogar nach Jahren), um diese erneut zu schänden. Er diese Taten eher als „kleine Abenteuer“ wahrgenommen. Auch nach einer ersten Verhaftung auf einer Flucht nicht von seiner Mordlust ablassen konnte. Er im Grunde ein durch und durch kranker Mensch war. Das kommt in Extremely Wicked, Shockingly Evil and Vile zwar auch zur Sprache, aber erst gegen Ende und nicht so deutlich wie es hätte sein müssen.
Urteilsspruch: Mit Vorsicht genießen!
Letztlich ist Extremely Wicked, Shockingly Evil and Vile ein empfehlenswerter Film. WENN Ihr ihn nicht einfach so hinnehmt, sondern selbst ein wenig über Ted Bundy recherchiert (oder einfach die Ted Bundy Tapes auf Netflix schaut). Es ist durchaus ein wenig bedenklich, Ted Bundy so wie hier darzustellen. Ja, es werden Details der Morde genannt und gezeigt. Ja, man hat das Gefühl, dass hier der Richtige vor Gericht steht. Und ja, ein soziopathischer Psychopath würde sich wahrscheinlich genau so verhalten. Aber die Hintergründe wurden doch stark komprimiert. Die vielen Leichenfunde, die Angst der Öffentlichkeit, die Rechereche der Polizei und eindeutige Hinweise stehen in Extremely Wicked, Shockingly Evil and Vile nicht im Fokus. Ted Bundy hat z.B. den Kopf eines Opfers in Lizzies Kamin verbrannt. Das wusste sie natürlich nicht, es wäre aber hilfreich, derartige Details auch mal zu zeigen. So bleibt man mit einem ambivalenten Eindruck über einen der schlimmsten Mörder der letzten Jahrzehnte zurück.
Extremely Wicked, Shockingly Evil and Vile ist seit dem 4. Juli 2019 auf DVD und BluRay erhältlich. Neben Zac Efron und Lily Collins könnt ihr in Nebenrollen viele bekannte Gesichter entdecken (u.a. James Hetfield von Metallica). Bild und Ton gehen voll klar, die Unteritel sind leider wieder nur für Gehörlose und nur auf Deutsch vorhanden. Geschaut haben wir im englischen Original.
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