I‘m every woman von Liv Strömquist
Nach Der Ursprung der Liebe und Der Ursprung der Welt beschenkt uns die schwedische Comiczeichnerin Liv Strömquist mit einem weiteren feministischen Schmankerl.
It‘s all in me

Chaka Khans Welthit macht den Anfang einer gezeichneten Achterbahnfahrt durch die europäische und US-amerikanische (Pop)Geschichte der letzten hundert Jahre. Im Gegensatz zum Klappentext, der besagt, Strömquist würde „die Geschichte aus weiblicher Perspektive“ umschreiben, macht sie etwas noch viel Besseres: Sie hält der männlichen Geschichtsschreibung den Spiegel vor und setzt die dringend nötigen, aber ungern gehörten Fakten dagegen.
Oder wer wusste, dass Karl Marx sowohl seine Frau als auch sein Dienstmädchen regelmäßig schwängerte, sich aber einen Dreck für ihre Gleichberechtigung interessierte? Sting, Pablo Picasso oder Albert Einstein kommen im Ranking der „Unsäglichsten Lover der Weltgeschichte“ ebenfalls nicht gut weg.
Bennett, Priscilla, Yoko
Phil Spector, Elvis und Die Beatles werden weltweit verehrt. Die Frauen hingegen, die sie entweder eingesperrt, manipuliert oder verfolgt haben, werden vergessen, veralbert oder sogar gehasst. Strömquist erzählt in I‘m every woman nun ihre Geschichten. Dazwischen gibt es Comics über „Die Hure Babylon“ und die Verdrängung von Göttinnen neben einer ernüchternden Analyse der Barbapapa-Büchern und der „Kernfamilie“. Auch ihre These, dass Kinder rechtskonservativ sind und ihre Auseinandersetzung mit „Natürlichkeit“ treffen wunde Punkte. Dabei nutzt sie das Medium des Comics als niederschwelligen, leicht anzunehmenden Zugang, lässt einen jedoch bereits nach kurzer Zeit schwer schlucken.
Was sagte Voltairine?
Liv Strömquist ist schonungslos, kontrovers und angepisst. Ob sie nun über die in Vergessenheit geratene Anarchistin Voltairine oder über Nadja Allilujewa-Stalina (Stalins Frau) schreibt, in jedem Strich und jedem Wort merkt man ihre Wut. Dabei ist sie sarkastisch, fordernd und, anstatt mit einem sanften Augenzwinkern zu arbeiten, haut sie mit der Faust und Quellen auf den Tisch. I‘m every woman ist ein geschichtlicher und grafischer Hochgenuss!