Jahresrückblick 2015: David
Wie jetzt, das war’s schon mit 2015?
Hat jemand von euch Bock, einen Jahresrückblick zu schreiben? Das ist eine dieser – paraphrasierten – Anfragen, die so durch die interne Redaktionsgruppe von Fischpott flatterte und die ich – anders als die x-tausend Anfragen zu Pressevorführungen in Düsseldorf oder München – nicht einfach so ignorieren konnte. Immerhin bin ich doch so ein selbsterklärter Liebhaber von jeder Art von Listen – wie viel Zeit ich in meinem Leben mit dem sinnbefreiten Durchklicken von listchallenges.com verbracht habe, ist ein Wissen, das ich optimalerweise in mein Grab mitnehmen werde.
Nichtsdestotrotz möchte ich auch hier meinen schmackhaft unqualifizierten Senf zum Jahresende dazugeben, also viel Spaß mit diesen (absolut random) Kategorien:
Die besten Filme:
Da geht’s ja schon los. Welche aktuellen Filme, die ich so konsumiert habe, zählen überhaupt offiziell als 2015? Der Blick auf imdb hilft da erheblich, insofern gehe ich da ganz frei Schnauze mal nach dem Release in Deutschland vor.
Und ja, da gab es schon so einige Perlen.
Auf vielen Best of-Listen des Jahres fiel ja schon sehr früh und mit erschütternder Häufigkeit der Name Mad Max. Der gute Herr Rockatansky sorgte in diesem Jahr mit seinem explosiven Trip auf die Fury Road für einige Furore (hehe…tschuldigung…). Und womit? Mit fucking Recht! Und das sage ich als jemand, der kein besonders großer Fan der Original-Trilogie war und ist. Aber Fury Road ist einfach mal so ein richtig schön kompromissloser Tritt in den Hintern, so richtig schön mit praktisch ausgeführten Explosionen und sich im Minutentakt überschlagenden Blechkarosserien. Auf eine allzu komplexe Story wird direkt gepfiffen; stattdessen nimmt der Film den geneigten Actionfreund auf eine nahezu ununterbrochene zweistündige Achterbahnfahrt mit, in der es nur zu kurzen Atempausen kommt, wenn alles in der Umgebung bereits geschrottet wurde.
Die Plakette für den besten Film des Jahres muss ich dann aber doch an Sicario geben. Der neue Action-Thriller von Dennis Villeneuve ist einfach mal so verdammt atmosphärisch, spannend, dunkel und in jeder Szene handwerklich meisterhaft, das ich auch Stunden nach dem Kinobesuch erstmal runterkommen musste.
Ganz knapp dahinter findet sich dann Ex Machina ein. Der Sci-Fi-Thriller setzt sich mit künstlicher Intelligenz auseinander und ist dabei nicht nur visuell der wohl bestaussehendste Film des Jahres, er ist auch noch hochspannend. Und das Ende verfolgt einen noch sehr lange, das verspreche ich euch. Außerdem: Oscar Isaac tanzt. Einfach so. Ohne Grund. Toll!
Ebenfalls erwähnenswert: Steve Jobs. Der von Danny Boyle wohlgemerkt, mit Michael Fassbender; nicht der mit Ashton Kutcher. Das wäre ein fataler Fehler. Steve Jobs besteht hauptsächlich aus High Speed-Dialogwettkämpfen à la Social Network. Nicht ganz so gut wie selbiger, aber trotzdem sehenswert.
Und wenn wir grade schon mal bei Fassbender sind. Macbeth ist auch gut. Ähm, Punkt.
Fantasy FilmFest 2015
Viele Filmperlen fanden sich auf dem diesjährigen Fantasy Filmfest, dem ich zum ersten Mal beiwohnen durfte. Abgesehen von der recht lahmen Sci-Fi-Horror-Gurke Infini und dem alles in allem eher durchschnittlichen Arnold Schwarzenegger-Zombie-Tränendrücker Maggie (die Beschreibung klingt irgendwie deutlich besser als das Endresultat dann leider ist) und dem leider durch unnötige CGI und Wire-Effekte versauten Martial Arts-Streifen Kung Fu Killer mit Donnie „Ich hab nur einen Gesichtsausdruck drauf, aber Gesichter eintreten kann ich trotzdem“ Yen gab es hier einige sehr spannende Genre-Beiträge. Das spanische Psychodrama Shrew’s Nest zum Beispiel, das ein spannendes, angemessen abgefucktes Kammerspiel in bester Misery Manier mit beeindruckenden Schauspielerinnen bot.
Oder Reality, der völlig bekloppte neue Streifen von Quentin Dupieux, der ja schon damals einem telepathischen Killerreifen einen ganzen Film widmete. Reality beginnt einfach mal mit einem kleinen Mädchen, das eine Videokassette im Magen eines Wildschweins findet. Und das ist noch der normale Part.
Wo wir grade bei bekloppt sind. Takashi Miike hat einen neuen Film rausgehauen und als hätte er Sorgen gehabt, sich in den letzten Jahren einen Ruf als seriöser Filmemacher gemacht zu haben, klatscht der gore-verliebte Japaner einfach mal Yakuza Apocalypse auf die Leinwand; Vampire, Kappas, häkelnde Yakuza, Martial Arts-Frösche und der Weltuntergang – absolut sinnbefreit und hirnverbrannt. Und herrlich. Miike eben.
Als unbestrittenes Highlight des Festivals und noch dazu völlig unerwartet kam allerdings der charmante Indiebolzen Turbo Kid hervorgekrochen. Die sympathische Low-Budget Retro-Ästhethik (der Film spielt in der Zukunft…im Jahr 1997) arbeitet hier jederzeit zum Vorteil des Films und die Mischung aus überzogenen Gewaltspitzen, trashigem BMX-Charme und ein wenig naivem Herz sowie die absolut überzeugenden Darstellungen der Jungdarsteller neben Altmeister Michael Ironside sorgte im Kinosaal für laute Lach- und Jubelstürme sowie mehrfachen Szenenapplaus.
Genre-Check Horror
Wenn es gut gemacht ist, gibt es wohl kein tolleres Genre als den Horror-Film. Und wenn es schlecht gemacht ist, gibt es kaum etwas schmerzhafteres. Deshalb habe ich seit jeher eine Hassliebe mit dem Genre, das immerhin mit Alien und dem Exorzisten zwei meiner absoluten Lieblingsfilme hervorgebracht hat. 2015 gab es glücklicherweise gleich zwei Highlights des gepflegten Grusels. Und einer davon kam sogar aus Deutschland. Naja, eigentlich eher aus Österreich.
Auch wenn er hierzulande unter dem kruden Titel Ich seh, ich seh erschienen ist (international wurde der Film als Goodnight Mommy vertrieben), das Filmchen ist durchaus sehenswert. Zunächst sehr atmosphärisch und ruhig, später angenehm fies (ein Freund von mir berichtete von einem Filmabend, an dem eine Bekannte bei einer Szene ohnmächtig zusammenbrach – wobei das wohl hauptsächlich Kreislaufprobleme waren … trotzdem …) – dazu überzeugende Kinderdarsteller. Mehr sollte hier wirklich nicht verraten werden, denn der Film lebt, trotz eher vorhersehbarem Endtwist, von seinen Überraschungen.
Und dann war da noch It Follows. Heidewitzka, wenn das mal nicht einer der besten Horrorfilme der letzten Jahre ist. Fernab von dem mittlerweile eher zum nervigen Trend gewordenen Jumpscare-Festen (Sinister 2? Insidious 3? Ernsthaft???) liefert It Follows einen Genrebeitrag ab, der vor angstmachender Atmosphäre nur so trieft, dazu Hauptcharaktere, die man endlich mal wieder ernst nehmen kann und der Soundtrack, Freunde, DIESER SOUNDTRACK!!!! Carpenter hat sich hundertpro eine Freudenträne aus dem Augenwinkel gewischt (und dann hat der Sack sich hoffentlich hingesetzt, um endlich mal wieder ein Drehbuch zu schreiben, das nicht kompletter Schrott ist). Absolut uneingeschränkte Empfehlung für It Follows, ich sachs euch, Leute! Kauft euch diesen Film!
Gurken
Von allzu heftigen Scheißfilmen habe ich mich glücklicherweise in diesem Jahr weitesgehend fernhalten können. Da ich halt einfach weiß, dass mich Marvel-Comicverfilmungen mit Ausnahme von X-Men vielleicht nicht besonders interessieren, hab ich sie mir gar nicht erst gegeben. Und nach den mehr als unterdurchschnittlichen Reviews von Spectre habe ich mich auch von dem neusten 007-Bond-Abenteuer bislang ferngehalten.
Davon ab habe ich mir Kingsman: The Secret Service gegönnt und auch wenn das jetzt weit von einer Totalkatastrophe entfernt war: So richtig hat mich der Film einfach nicht überzeugt. Zu häufig nimmt sich er sich einfach viel zu ernst, was sich leider krass mit den kruden Gewaltspitzen und Humormomenten beißt. Ich mein, wer Fan von den anderen Werken des Regisseurs ist, besonders Kick Ass, der wird dem Film vielleicht eher etwas abgewinnen können. Meins war’s leider nicht.
Bücher
Zwei Empfehlungen: The Disaster Artist – My Life inside The Room von Greg Sestero. Hier in Deutschland leider bislang nicht erschienen, aber kann man trotzdem aus den Staaten bestellen. Besonders für Trash-Filmkenner ein Muss, denn hier wird die Entstehung des wohl bekanntesten Kackfilms aller Zeiten aufgedröselt – Tommy Wiseaus The Room. Bizarr, faszinierend, unheimlich lustig, auch für Leute, die den Film nicht kennen, denn das Buch ist mehr Charakterstudie als alles andere.
Nummer Deux: Futuristic Violence and fancy suits. Hab ich selber noch nicht ausgelesen, aber bislang erweist sich das neue Werk von John dies at the end-Autor David Wong wieder mal als fantastische Nonsens-Genremischung, die gleichzeitig spannend, absolut verwirrend und hochgradig komisch ist.
CDs
Öhm…wirklich gehört habe ich nix, aber ich warte verzweifelt auf die neue Tool-Platte. Nächstes Jahr bestimmt, oder? Oder????
Achso, außerdem André Herrmanns Klassenkampf als Hörbuch. Uneingeschränkt empfehlenswert, Review folgt.
Und sonst so?
Wie kann ich denn bitte 2015 rezensieren, wenn die Filme, für die ich maximalst gehypet bin, noch gar nicht in Deutschland erschienen sind? Wo ist The Revenant? The Hateful Eight? Anomalisa? Hail Caesar? Kung Fu Panda 3 (ja, ernsthaft)?
Wat soll’s, 2016. Läuft. Bis dann.
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