Katze allein zu Haus: Wohnungskatzen glücklich machen
Ende letzten Jahres hatten wir ja schon einmal Bastelanleitungen à la Alles für die Katz! getestet. Dieses Jahr nun liefert Katzenpsychologin Heike Grotegut mit Katze allein zu Haus – Wohnungskatzen glücklich machen die Fortsetzung in Sachen Upcycling für Katzen. Also musste das Luzi-Team wieder ran, die neuen Anleitungen auszuprobieren. Und sich natürlich auch zu informieren, was man im Sinne einer möglichst artgerechten Wohnungshaltung noch alles tun kann.
Von einsamen Katzen und Schuldgefühlen
»Plagen Sie Schuldgefühle, wenn Sie unterwegs sind und Sie an Ihre Katze allein zu Haus denken?«, heißt es hinten auf dem Cover und stellt das Kaufargument für dieses Buch schlechthin dar. Weil ja, natürlich haben wir Menschen von reinen Wohnungskatzen ständig ein schlechtes Gewissen. Die einen vor allem, weil sie ganztägig außer Haus arbeiten und abends vielleicht auch noch ausgehen wollen. Die anderen, weil sie ihrer Luzi so sehr das Gefühl von Gras unter den Pfoten wünschen würden, allein fehlt die Möglichkeit dazu. Aber selbst wenn: Wahrscheinlich würde Luzi vor lauter Angst vor der Welt da draußen vom schönen Grasgefühl nicht allzu viel mitbekommen.
Der zweite Satz hinten auf dem Cover handelt dann von der Frage, was Katzen eigentlich machen mit all der Zeit, die sie alleine zu Hause sind. Notebook, Smartphone, Fernseher und Exponate aus der Buch- oder Plattensammlung nutzen sie sicherlich nicht. Welches Spielzeug hilft ihnen also dabei, ihre Freizeit sinnstiftend zu verbringen?
Get the Party started!
Von Anfang an habe ich mir eingeredet, dass Luz immer die Party startet, wenn ich das Haus verlasse. Ob sie Freundinnen aus der Nachbarschaft einlädt, weiß ich nicht. Aber ich gehe definitiv von einem geheimen Depot aus, in dem sie den guten Stoff lagert. Whiskey, Zigarren, Kaviar – womit die reife Katze von Welt halt so feiert.
Das ist natürlich nur meine Phantasie-Krücke, die mir dabei hilft, mit meinen Schuldgefühlen parat zu kommen. Tatsächlich lebt meine Luz ja noch privilegiert im Sinne, dass ich von zu Hause aus arbeite. Ich bin also fast immer da. Und wenn ich mal nicht da bin, reden wir von so ziemlich genau den rund fünf Stunden, die man eine Wohnungskatze laut Katzenexpertin durchaus alleine lassen kann. Sollte es doch mal länger dauern, kommt Ex-Dosi zur Bespaßung vorbei. Wobei Ex-Dosi lieber »Notfellchen-Fluchthelferin« oder kurz Romy genannt werden möchte.
Romy jedenfalls muss sich mit ihren »Katers« Joschi und Cobi dem normalen Alltag einer Angestellten stellen. Und der verlangt von den Katerkerlen mehr Selbstständigkeit, als allen Beteiligten lieb sein kann. Umso größer also ihr Interesse an der Anleitung zum Glücklichsein für Wohnungskatzen. Die sich sicherlich auch so manch anderer Mensch von Wohnungskatzen zu Gemüte führen sollte. Nicht nur wegen der hübschen Bilder, die der Ratgeber bietet.
Tue nichts, was ich nicht auch tun würde!
Das habe ich zu Beginn unserer Mädels-WG immer zu Luz gesagt, wenn ich zu einem Termin musste. Mittlerweile weiß ich, dass die Sorge unberechtigt war. Luz gehört nicht zu der Sorte junger Feger, der die Vorhänge hochklettert, die Krallen an Rauhfaserwänden schärft oder an Stromkabeln knabbert. So zumindest kann es laut Heike Grotegut mit Wohnungskatzen kommen. Entsprechend geht sie auf die Gefahrenquellen ein.
Fenster oder Türen nie auf Kipp stellen oder Kippfensterschutz installieren – Katzen könnten rausklettern wollen und sich dabei fatal verletzen. Keinen Zugang zu Zimmerpflanzen gewähren oder erst gar keine hinstellen – fast alle Zimmerpflanzen sind giftig. Das gilt natürlich auch für Medikamente, Reinigungsmittel sowie bestimmte Nahrungs- und vor allem Genussmittel. Aber auch die Schnur der Jalousie oder andere herumfliegende Bänder oder Stricke können zur Todesfalle werden. Die Liste ist relativ lang und sollte eigentlich jedem Katzenmenschen bekannt sein. Aber wahrscheinlich kann man die Don’ts des Lebens mit Katzen gar nicht oft genug wiederholen. Denn selbst erfahrene Katzenmenschen haben vielleicht in Laufe der Zeit das ein oder andere vergessen. Oder lassen in der Hektik des Alltags allzu schnell mal etwas herumliegen. Hinterher können sie dann von Glück sagen, wenn nichts Schlimmes passiert ist.
Basteln für das Glück der Wohnungskatze
Auch für die schönen Seiten des Lebens bietet Katze allein zu Haus die passende Liste: Was macht Wohnungskatzen glücklich? Die schöne Aussicht natürlich, der geschützte Blick von erhabenen Plätzen, Höhlen, Möglichkeiten zum Klettern und zur Krallenpflege sowie zur Unterhaltung (allein oder mit Mensch). Die Bastelanleitungen stellen sich diesen Ansprüchen.
Bitte nicht stören – Katze am Kratzen
Dabei tragen die Anleitungen auch dem Umstand Rechnung, dass nicht jede Wohnung über ausreichend Platz für ein umfassendes Kitty Paradies verfügt. Vor dem Problem stand und stehe auch ich. Platz für einen Kratzbaum gibt es hier nicht. Platz für ein vertikales Kratzbrett, das wie ein Bitte nicht stören-Schild an der Türklinke hängen kann, ist hingegen überall vorhanden. In der Anleitung besteht das Trägermaterial aus Pappe, 15 mal 50 Zentimeter, an deren oberen Ende ein runder großer Ausschnitt der Aufhängung dient. Die aufgeklebte Kratzfläche besteht aus einer Kokos- oder Sisalmatte. Bei mir ist Vergleichbares (eine auf eine dünne Holzplatte geklebte Kokos-Fußmatte) an der Seite einer alten Kommode befestigt.
Ich habe später dann noch vor die plane Kratzfläche eine mit viel Sisalseil umwickelte Pappröhre installiert. Als Ersatz für den fehlenden Kratzstamm. Aber auch als Option für das Hochklettern auf die Kommode. In Katze allein zu Haus lautet der Tipp, einfach ein Tischbein mit eben diesem Sisalseil zu verschönern. Allerdings dürfte es dann auch um das Tischbein geschehen sein. Hier kommt nämlich doppelseitiges Klebeband zum Einsatz und das hinterlässt oft unschöne Spuren. Auf Klebeband konnte ich jedenfalls verzichten, weil ich die Papprolle erst noch mit alten Handtüchern und dann mit massenhaft relativ dünnem Jute- und Sisalseil stramm umwickelt habe.
Spuren von Klebeband dürfte es wohl bald im Katers-Haushalt geben. Romy ist nämlich begeistert von der Idee der Bürste am Tischbein zum Zwecke der Fellpflege. Bären schubbern sich gerne den Rücken an Baumstämmen. Joschi und Cobi vielleicht demnächst am Tischbein? Wir werden sehen!
Trinkbrunnen für Katzen
Leider sind nicht alle Anleitungen so deutlich formuliert, dass ich sie sofort verstanden hätte. Das beste Beispiel dafür ist die wohl simpelste Form des Trinkbrunnens. Dazu nehme man eine standfeste Schale und eine kleine PET-Flasche. In die PET-Flasche bohre man nicht allzu weit vom Boden entfernt ein kleines Loch und befülle sie dann mit Wasser (dabei hält man das Löchlein natürlich zu). Nun las ich noch was von dem »Hoch auf den Unterdruck« und war schon dabei, die passenden Utensilien hervorzukramen.
Mein Trinkbrunnen für Arme (ich war so frei, ihn so zu taufen) funktioniert nun so: Solange die Flasche zugedreht ist, passiert gar nichts. Dreht man sie allerdings ein bisschen auf, macht die Flasche plötzlich einen auf Manneken Pis. Das Ganze hat so auch tatsächlich was mit Unterdruck zu tun. Und hätte ich im Physikunterricht gut aufgepasst, wäre ich vielleicht von selbst schon auf die Idee gekommen.
Nun ist das aber in der Anleitung gar nicht so gemeint. In der Anleitung befüllt man nun noch die Schale mit Wasser bis zum Level des Lochs in der Flasche. Auch hier wirkt dann der Unterdruck, der dafür sorgt, dass die Schale nicht überlaufen kann. Nur pieselt dabei halt nichts. Hier geht es nur darum, dass immer genug Wasser in die Schale nachläuft. Sofern die geneigte Katze überhaupt von dem Wasser trinkt.
So oder so: Beides interessiert Luz nicht die Bohne. Mein Wüstentier hält Wasser für völlig überbewertet und trinkt noch nicht mal, wenn draußen Körpertemperatur herrscht. Für Cobi hingegen, der Wasser aus der Dusche liebt, dürfte das Gepiesel nicht lange genug anhalten. Stehendes Wasser jedenfalls mag er nicht so gerne. Und Joschi hält es mit Luz. Beide futtern lieber, was sie auch trinken könnten.
Fazit
An der ein oder anderen Stelle hatte ich so meine Schwierigkeiten, die Anleitungen zu verstehen. Das zerschnittene T-Shirt und meine gescheiterten Versuche, daraus hübschen Kleinkram zu basteln, liegen als Zeugen nebenan. Vielleicht kann ich aber auch einfach nur besser mit Pappe, in der Leckerli stecken. Luz findet ihren neuen Pappfummelball jedenfalls gut. Zudem habe ich intellektuelle Bestätigung gefunden, dass meine Kratzbaum-Ersatz-Konstrukte nicht die dümmsten Ideen waren.
Eine andere Art der Bestätigung bezieht sich auf meinen Eindruck, gar nicht mit einer Katze, sondern mit einem schnurrenden Lamm im Katzenkostüm zusammenzuleben. Mein Lämmchen jagt nicht gerne, sie mümmelt eher an ihrem Katzengras. Sie hüpft lieber, statt zu klettern. Mit Kartons kann sie gar nichts anfangen, schnüffelt nur einmal daran, setzt keine Pfote hinein. Höhlen sucht sie bestenfalls im Sinne der Revierpflege kurz mal auf. Und im Sommer liegt sie am allerliebsten auf dem Boden. Meine Frau Professor hat halt verstanden, dass es dort immer noch am kühlsten ist. Mein Eindruck ist also, dass sich in Katze allein zu Haus alles eher um die jungen Wilden als um die schüchtern-gemütlichen Seniorinnen dreht, die ja auch bespaßt werden wollen.
Entsprechend waren für uns so viele neue Ideen gar nicht dabei. Wenngleich da doch noch eine entstanden ist: die für das Gras unter Luzis Pfoten. Vielleicht werde ich nicht gerade ein Möbelstück mit einer Fräse malträtieren, sondern eher mit einem Holztablett arbeiten. Na, die Idee muss aber noch reifen…
Fischpott Disclaimer: Wir haben ein Rezensionsexemplar vom Ulmer Verlag erhalten.