Sackaffen
Ein Roundhouse-Kick in die Fresse des guten Geschmacks – das verspricht der Klappentext zu David Grashoffs neuem Buch „Sackaffen“, der einen Blick in die Welt des Autors, Berufsnerds und Slam-Poeten gewähren soll. Fischpott lässt sich von Roundhouse-Kicks grundsätzlich nicht abschrecken und hat sich tapfer in diese Welt hineingewagt …
Vom kaum beachteten Geheimtipp in verschwitzten Keller-Clubs zu einem Großevent, das die Hallen füllt – Poetry Slam erfreut sich schon seit einiger Zeit einer zunehmenden Popularität. Die von Marc Kelly Smith ins Leben gerufene Alternative zur klassischen Wasserglas-Lesung ist mittlerweile in beinahe jeder Stadt in Deutschland zu finden. Und nicht nur das: Poetry Slam ist mittlerweile sogar zum Sprungbrett für junge Autoren und Slam-Poeten geworden. Die meisten bekannten Vertreter der Szene setzen dabei gerne auf eine Zusammenstellung ihrer bekanntesten Bühnentexte – David Grashoff bildet da keine Ausnahme.
„Sackaffen“ lautet der Titel des ersten Buchs des bekannten Slam-Poeten David Grashoff, der bislang vor allem in Anthologien veröffentlichte. Und nein, verschrieben hat sich hier keiner, es heißt „SackAFFEN“ – die berüchtigte Nagervariante ist hier nicht gemeint … nicht ganz jedenfalls. Das bestätigt auch das in Prinzessin-Lillifee-Pink gehaltene Cover von Volker Konrad, auf dem sich das titelgebende Tierchen an unzweideutigen haarigen Regionen des männlichen Körpers festkrallt. Wem das bereits zu sehr unter die (sprichwörtliche) Gürtellinie geht, der sollte das Buch möglichst schnell wieder aus der Hand legen, denn zunächst sind sowohl Titel als auch Cover Programm.
Nerd aus Überzeugung
Wer David Grashoff bereits einmal auf der Bühne erlebt hat, der weiß, was ihn erwartet: Derber, direkter Nerd-Humor, ohne große Umwege oder Kompromisse. Vor Fäkalausdrücken oder 2 Girls 1 Cup wird nicht zurückgeschreckt, der Humor ist alles andere als subtil, sondern vielmehr auf schnelle Pointen und Insider-Gags ausgelegt. Was aber alles andere als negativ ist: Texte wie „Pimmelbingo“ oder „Stell die Welt auf den Kopf“, der auf die in der Slam-Szene gerne verwendete Form des Aufzähltextes zurückgreift, leben einfach von ihren schnell zündenden Pointen, die teilweise nicht einmal einer Rahmenhandlung bedürfen. Manchmal wird es dann etwas zu primitiv und holzhammerartig, aber das hat kaum Auswirkungen auf den Gesamteindruck. Auf die emotionale und lebendige Vortragsweise von David Grashoff sind die Bühnentexte glücklicherweise nicht angewiesen, die Gags funktionieren wie schon bei Torsten Sträter auch in geschriebener Form. Dessen unfassbare Gag-Dichte erreicht Grashoff dann leider nicht, lachen kann man trotzdem zur Genüge.
Aber selbst wenn man über diese Texte nicht lachen kann (was recht unwahrscheinlich ist) – eines zeichnet sie unbestritten aus und unterscheidet sie von vielen Slam-Kollegen mit ähnlich gearteten Texten: Sie sind ehrlich. David Grashoff ist kein Mode-Nerd, wie er aktuell in Hollywood im Trend liegt, sondern ein ehrlicher, authentischer und dadurch liebenswerter Nerd. Der Autor vergöttert die ursprüngliche Star-Wars-Trilogie und hasst Jar-Jar Binks. Er ist Rollenspiel-Fanatiker, World-of-Warcraft-Geschädigter und bekommt bei Daniela Katzenberger schnell das kalte Kotzen. Nirgendwo wird das deutlicher als im Text „Mein kleines Nerdmädchen“, der die tief empfundene Liebe zu all den Referenzen und Anspielungen aus jeder Pore atmet.
Limbo-Könige und Zombie-Heinz Erhardt
Und dann überrascht der Autor den Leser schließlich doch noch – in der simpel betitelten Rubrik „Kurzgeschichten“. Hier setzt Grashoff nicht auf Lacher oder Nerd-Humor; hier erzählt er Geschichten. Sei es die eines kleinen Jungen, der in seinen Träumen zum „Limbo-König von Oer-Erkenschwick“ wird oder die eines Autobahn-Reinigers, der eine neue Berufung abseits seines morbiden Jobs findet – David Grashoff schreibt fantasievoll und lebendig und zeigt so, dass er eben auch anders kann. Ein paar Gedichte im besten Heinz Erhardt-Stil (wenn selbiger Zombie-Fan gewesen wäre), eine Hommage an Patrick Süßkinds Klassiker „Das Parfum“ und die lyrische Erzählung „Sommerliebe“ runden das Gesamtpaket ab. Wer also ein Fan von Nerd-Humor ist, nicht vor derben oder vulgären Gags zurückschreckt und gleichzeitig auch etwas Vielseitigkeit haben will, sollte bei „Sackaffen“ zugreifen.
Sackaffige Links
Homepage von David Grashoff
Homepage des Illustrators Volker Konrad
Sackaffen… überall Sackaffen … haha
Oder schaut einfach mal hier
http://wuerfelheld.wordpress.com/2012/10/07/rezi-sackaffen/