A World Beyond
Ein Mädchen auf der Suche nach einer besseren Welt. Einer Welt, in der Wissenschaft und Fortschritt die Träume der Menschheit wahr gemacht haben. A World Beyond aus den Disney-Studios.

Der Tomorrowland-Pin, gezeichnet von Chris Strauss
Wo ist mein Jetpack? Diese berechtigte Frage ist das Erbe der optimistischen Zukunftsvorstellungen der Sechziger Jahre. Schwebende Autos, interstellare Reisen und Wohlstand für die ganze Welt waren die kühnen Visionen jener Zeit, bevor sie von der No Future-Apokalypse durch Atomkrieg und Umweltzerstörung abgelöst wurden. Dieser Paradigmenwechsel in der Popkultur ist das Grundthema in Brad Birds Film A World Beyond (im Original Tomorrowland1). Wir starten gleich mit zwei jungen optimistischen Hauptfiguren. Zum einen ist da Frank Walker (Thomas Robinson), das Wunderkind, das 1964 die Weltausstellung in New York mit einem selbstgebauten Jetpack besucht. Die zweite ist die junge Casey Newton (Britt Robertson) in der Gegenwart. Sie findet einen geheimnisvollen Pin mit einem stilisierten ‚T‘ darauf. Berührt sie ihn, sieht sie eine bessere Welt voll mit futuristischen Errungenschaften. Es ist Tomorrowland, eine Version unserer Welt, in der die Visionen unzähliger Genies wahr geworden sind. Auf der Suche nach einem Weg in diese bessere Welt trifft sie das geheimnisvolle Mädchen Athena (Raffey Cassidy) und Frank (George Clooney), der zu einem zynischen und desillusionierten Mann herangewachsen ist. Es folgen Verfolgungsjagden mit Killerandroiden, ein Raketenstart mitten in Paris und die Konfrontation mit Gouverneur Nix (Hugh Laurie) in Tomorrowland.
Die Grundlage des Films ist das Unterfangen, aus der Disney-Marke Tomorrowland einen ähnlich erfolgreichen Franchise wie die Fluch der Karibik-Reihe zu machen. Das Original-Tomorrowland waren mehrere Attraktionen, die zum ersten Mal auf der Weltausstellung 1964 in New York gezeigt wurden. Schon zu Beginn schlägt der Film mit Franks Besuch dort eine Brücke zum Vorbild. Ähnlich wie die Piratenreihe ist die Umsetzung der Science Fiction-Attraktion soweit gelungen. Trotz einer Laufzeit von mehr als zwei Stunden ist A World Beyond sehr unterhaltsam. Einen großen Verdienst daran haben die Schauspieler, allen voran die junge Britt Robertson, die als Casey von einer Turbulenz in die nächste gerät und immer neugierig und unverzagt voranschreitet.
Tomorrowland muss sterben, damit wir leben können.
Optimismus ist das zentrale Thema des Films. Casey verzweifelt nicht angesichts Klimaerwärmung, Atomwaffen und Überwachung sondern stellt die vielleicht amerikanischste Frage von allen: „Was können wir machen?“ Ihr Optimismus wird zum Sandkorn im Räderwerk der nahenden Katastrophe. Die Doomsdayclock zittert und der Zyniker zaudert. Im Verlauf des Films lernen wir, das die Angst vor einer kaputten Zukunft nicht nur wenig inspirierend ist, sie kann sich auch zu einer selbsterfüllenden Prophezeiung entwickeln. Und es stimmt: Positive Zukunftsversionen sind immer noch Mangelware im medialen Diskurs. Als einzige Ausnahme in letzter Zeit fällt vielleicht noch Her ein, in der shiny Hipster sich in Betriebssysteme verlieben. Nur leider erweist sich die Taschendimension voller Genies – da erinnert A World Beyond an die bardos aus dem unterschätzten Mad Science-Rollenspiel Genius: The Transgression – auf den zweiten Blick als nicht besonders inspirierend. Die cleane Glitzerwelt mit ein paar bunten Tupfern begeistert nicht besonders, selbst wenn dort coole Surferdudes mit Jetpacks rumalbern und junge indische Mädchen ins All fliegen. Zumal die Basis dieser schönen neuen Welt ein paar Auserwählte sind, die im Elfenbeinturm vor sich hinfrickeln. Möglicherweise sind die Fixer, die Baumeister_innen der Welt gar nicht nicht die Elite, die im Silicon Valley oder den Disney-Studios arbeitet. Vielleicht sind es die Freaks, die sich selbst in Maker Spaces und Fab Labs organisieren. Die die Welt mit Digital Fabrication, Urban Gardening und all dem anderen heißen Scheiß vielleicht ein bisschen besser machen.

Casey (Britt Robertson).
© 2015 Walt Disney Pictures. All Rights Reserved. Image by Industrial Light & Magic.
Vielleicht kann ich aber auch einfach keinen Disneyfilm ohne Widersprüche konsumieren. Denn wird – wie in A World Beyond – Walter Elias Disney als visionäres Genie, als Nachfolger von Tesla und Eiffel präsentiert, muss ich spontan an Disneys finsteren Superschurkenplan in Matt Ruffs G.A.S. – Trilogie der Stadtwerke denken. Doch genug von meiner Disney-Ambivalenz. Allerdings hat auch A World Beyond tatsächlich finstere Momente. Wenn unheimliche Roboter Menschen mit Strahlenkanonen verdampfen, kann das vielleicht auch für Zwölfjährige ein bisschen harter Tobak sein.
Alles in allem ist A World Beyond spannende Unterhaltung, die eine interessante Fragestellungen zur Zukunft, wie wir sie wollen und zur Zukunft, wie wir sie machen aufwirft, aber leider nicht vollkommen überzeugt.
Weiterführende Links
Tommorrowland Times – Blog zur Hintergrundgeschichte
Stop Plus Ultra – Website der Anti-Fraktion aus A World Beyond
Plus Ultra – Die geheime Gesellschaft der Optimisten im Diney Wiki.
- Aufgrund des gleichnamigen Festivals für Europa umbenannt ↩