Con Air (1997)
Sidney Young: What’s the greatest film ever made?
Alison Olsen: It’s hard to say. I mean, I personally love La Dolce Vita…
Sidney Young: [Imitates game show buzzer] Incorrect!
Sidney Young: [Continues, dead pan] Con Air.
Alison Olsen: [a bit perplexed] I beg your pardon?
Sidney Young: Con Air, right? It’s got everything, hasn’t it? You know, you’ve got Malkovich for your acting chops, you got Nicky Cage for your action, Steve Buscemi for your comedy, John Cusack for the gays. Right? It’s like a smorgasbord, isn’t it?1
Con Air ist eine einzige Party. Con Air ist der teuerste und opulenteste Trashfilm aller Zeiten. Die Story ist absurd, der Cast überragend und Nickie Cages Frisur grotesk. Con Air wurde für einen Oscar nominiert und mit einer Goldenen Himbeere ausgezeichnet.
Worum geht’s denn so?
Cameron Poe (Nicolas Cage) ist ein unbeherrschter Superelitesoldat; US Marshall, Marine, Army Ranger oder wie die nicht alle heißen. Weil drei Trunkenbolde seine (schwangere) Frau belästigen, boxt er sie um und schlägt gar einen mit bloßer Hand tot. Was wir aber moralisch völlig korrekt finden, sieht der spießige Richter ganz anders und steckt ihn für acht Jahre in den Knast.2 In diesen acht Jahren bekommt Cameron Poe viele Briefe seiner Tochter, lange Haare und einen neuen Kleidungsstil (trägt fortan Feinrippunterhemden als Oberbekleidung).
Nun soll er nach acht Jahren entlassen werden – pünktlich zum Geburtstag seiner Tochter. Dafür muss Cameron mit einem Flieger, in dem lauter böse Buben sitzen – Con(vict) Air also – zurück nach Alabama gebracht werden. Die bösen Buben jedoch kapern den Flieger und wollen fliehen. Deshalb muss Cameron, bevor er zu seiner Familie kann – auch, weil ein Kumpel von ihm an Bord ist – erst alle Bösen plattmachen. Anders geht das nicht. Weil Cameron ein Guter ist, mit Gewissem und allem drum und dran.
Und ist das cool?
Ziemlich cool. John Malkovich spielt den Oberbösewichten Cyrus „the Virus“ Grissom, das Mastermind des Fluchtplans, der im Knast viel gelernt hat und sogar einen juristischen Doktorgrad erwarb (wozu auch immer). Weitere Schläger werden von Ving Rhames, Nick Chinlund und Danny Trejo verkörpert – Letzterer spielt so einen Vergewaltiger, der sich auch während des Films gerne an Frauen vergreifen möchte, dem aber Cameron Poe immer rechtzeitig auf die Fresse haut – wobei Cyrus the Virus ihm beipflichtet, denn Cyrus ist zwar böse, mag aber keine Vergewaltiger. Als Bonbons gibt es Colm Meaney als nervigen Cop und Steve Buscemi als Hannibal-Lecter-Hommage obendrauf. John Cusack hingegen ist der Gute. Tolles Ensemble also, und die Bösen richten eine Menge Unheil an. Tod, Explosionen, Schabernack.
Wird denn auch gekämpft?
Ja, Nic Cage poliert hin und wieder Leuten die Fresse; er hat im Knast fleißig trainiert, wie man in einer kleinen Trainingscollage zu Beginn sieht, konnte als Army Ranger ja sowieso Karate und hat auch ganz ordentlich Muckies. In einer Szene verhaut er gekonnt gleich vier Südamerikaner – mehrere davon bewaffnet – und hat anschließend noch ein paar nette Punchlines drauf, um John Cusack zu begrüßen. Wobei ich neulich gelernt habe, dass sein Alabama-Akzent völlig missraten sein soll.3
Die Kampfszenen tragen natürlich zur Unterhaltung des Films bei, allerdings kann Cage natürlich nicht wirklich kämpfen und deshalb sind diese Szenen auch nicht gerade die Highlights des Films; die gehören stattdessen John Malkovich, sei es, wenn er Militärtaktik erklärt („Das ist ein Stein“), über sein Wohlbefinden berichtet („Bist Du geisteskrank?“ – „Wenn ich meiner letzten psychiatrischen Untersuchung glauben soll: ja.“) oder seine Mitmenschen erpresst („Eine Bewegung und der Hase ist hin“). Ja, Con Air ist mehr so für die Dialoge als für die Fights.
Wer ist denn hier verantwortlich?
Simon West führt sein Regiedebut und Jerry Bruckheimer ist Produzent. Nun ist Jerry Bruckheimer ja ohnehin schon mehr oder weniger Unsinnsgarant; Simon West ist aber leider auch kein besonders guter Regisseur. Er war es damals nicht und ist es eigentlich auch nie geworden. Seine Filme sind ausnahmslos durchschnittliche Actionfilme, die kein besonderer Stil auszeichnet, die durch auffällige Mainstreamkompromisse auffallen und deren Kameraführung nicht gerade mitreißend ist. Zu seinen Werken gehören Langweiler wie The Mechanic, Stolen oder The Expendables 2 (warum Silvester Stallone da nicht, wie im ersten Teil, selbst Regie geführt hat, ist mir völlig schleierhaft). Nein, Con Air ist bestimmt nicht wegen der Regie so unterhaltsam. Es ist das Drehbuch und es sind die Schauspieler, die einfach Spaß machen. Und natürlich, dass ein Flugzeug mitten im Downtown von Las Vegas landet.
Muss man den gesehen haben?
Selbstverständlich muss man Con Air gesehen haben. Nicht nur, dass es sich nach Passagier 57 um den zweitbesten Hijacking-Film der 90er Jahre handelt. Con Air ist vielmehr eine Art Geburtstagsparty unter Hollywoodgrößen. Nicolas Cage hat eingeladen und alle haben ihren Spaß und führen entspannt ihre Clownsrollen aus. Es ist alles so überzogen und absurd, dass man nie das Gefühl hat, es passiert etwas Schlimmes, selbst wenn da viele Leute sterben. Con Air ist nicht ironisch: Con Air ist Ironie.
- Simon Pegg und Kirsten Dunst in: How to Lose Friends & Alienate People (dt.: New York für Anfänger, 2008). ↩
- Einige Quellen behaupten auch, Cameron Poe sei „unschuldig“ in’s Kittchen gewandert, z.B. https://www.weltbild.de/artikel/film/con-air_13851581-1 ; das stimmt so natürlich nicht. ↩
- https://www.youtube.com/watch?v=NvDvESEXcgE ↩