Jahresrückblick 2016: Britta
Ich habe lange überlegt, ob ich dieses Jahr beim Rückblick überhaupt mitmachen soll. Immerhin reden wir hier von 2016, dem Jahr der toten Musiker und der sich immer unerträglicher entwickelnden politischen Gesamtlage. Zudem war es auch noch das Jahr einiger privater Nackenschläge, auf die ich hätte gut verzichten können. Eigentlich ist mir also nach Deckel drauf und ab die finsterste Kellerecke mit diesem 2016. Aber nun ja, auch unter den grottigsten 365 Tagen befinden sich immer auch eine Handvoll gute. Einige davon hatten was mit Lesen zu tun, und das ist es ja, worum es bei mir und dem Fischpott hauptsächlich geht. Deshalb nun also doch mein Jahresrückblick 2016.
gelesen, gelesen, gelesen
Manchmal stehe ich vor meinem Bücherregal und frage mich, warum ich überhaupt noch neue Bücher anschaffe. Es beherbergt doch so viele, von denen ich zwar sicher weiß, dass ich sie gelesen habe. Dennoch habe ich nicht den Hauch einer Ahnung, worum es in den Geschichten ging. Von wegen You never have a second chance for the first impression… Für Fischpott habe ich dennoch lauter neue Werke gelesen. Darunter einige, die mir wirklich gut gefallen haben. Es gab aber auch zwei, die nicht länger unter uns weilen. Nach dem Recycling feierten sie vielleicht ihren zweiten Geburtstag als Kartons. Als Zeitungsdruckpapier könnten sie aber auch schon verrottet sein. Sei’s drum.
gelesen: die außergewöhnlich Guten
Nicht so die außergewöhnlich Guten. Die haben definitiv auf ewig ein wohliges Heim bei mir und vergessen werde ich sie wahrlich nicht. Bei denen verhält es sich nämlich wie bei wirklich guten Filmen: Einzelne Bilder oder ganze Szenen brennen sich einem ins Hirn und begleiten einen somit durch den Rest des Lebens. Auch bleibt die Situation, in der man steckte, als man das Buch las, in Erinnerung. So werde ich wohl nie meine letztjährige Weihnachtsverzweiflung vergessen, als ich den ersten Band der Verratenen-Trilogie von Ursula Poznanski ausgelesen hatte und nicht wusste, woher an den Feiertagen der Nachschub kommen soll. Sollte es diesen Winter mal Schnee geben, werde ich sicher einen längeren Spaziergang in imaginärer Begleitung von Eleria und Co unternehmen. So wie ich immer in imaginärer Begleitung vom Revolvermann und seinem Ka-tet bin, wenn ich denn mal durch Wälder laufe. Was in der Tat nicht so oft vorkommt.
gelesen: die bemerkenswert Guten
Nicht ganz so outstanding, aber immer noch bemerkenswert gut fand ich dieses Jahr Locked in von Holly Seddon, Jetzt von Leon Reiter und Philip Kerrs dritten Band seiner Scott Manson-Reihe Die falsche Neun. Zu den dreien gesellen sich noch der dritte und der vierte Band Neid und Hass der Europol-Reihe von Arne Dahl. Irgendwann werde ich sicher noch mit Band eins und zwei (mit den ebenso sinnigen Titeln Gier und Zorn) nachlegen. Immerhin hat doch auch Herr Dahl es geschafft, mir Bilder ins Hirn zu bannen. Und mich dahingehend zu reizen, dass mit so ziemlich jedem neuen Kapitel erst einmal überhaupt nicht klar ist, wessen Handlungsstrang er da eigentlich weitererzählt. Schließlich sei hier noch der aktuelle Jack Reacher (Night School) zu nennen, auch wenn ich damit gerade erst begonnen habe. Da wahre Liebe aber ewig währt (und Reacher mit Neagley im Hamburg der Neunzigerjahre unterwegs ist), kann dieses Buch nur zu den bemerkenswert Guten gehören.
gelesen: die Guten und Okayen
Bei aller in meinen Rezensionen angeführten Kritik gefielen mir Layers von Ursula Poznanski, Helix von Marc Elsberg und Zone 5 von Markus Stromiedel immerhin gut oder ich fand sie zumindest okay. Ersteres habe ich dann einer jungen Freundin geschenkt, die im Alter der Zielgruppe ist und der es auch eher so okay gefallen hat. Zone 5 hat mich dazu gebracht, auf den angeführten Vergleich mit The Circle von Dave Eggers zu hören und mir im Anschluss dieses umstrittene Werk zu Gemüte zu führen. Das wiederum führte zu Martin Altmeyers Auf der Suche nach Resonanz. Wie sich das Seelenleben in der digitalen Moderne verändert. Die Wege durch den Bücherwald sind eben manchmal doch recht verschlungen. Die These von Altmeyer, dass der kategorische Imperativ unserer Zeit »Ich werde gesehen, also bin ich« laute, war mir auf jeden Fall mal der interessantere Kommentar auf die gesellschaftlichen Veränderungen als der vorgenannte Roman von Dave Eggers. Den ich aber tendenziell okay fand, also weder so toll noch so schlimm wie andere Rezensenten.
gesehen und gespielt
Gesehen habe ich für Fischpott nur Dokumentationen, wobei es mir nicht immer leichtfiel, sie angemessen zu rezensieren. Immerhin habe ich aber mal wieder für Fischpott gespielt: Homeland –Das Spiel brachte auch gleich noch das Vergnügen mit, den Cheffe dabei schlagen zu können. Zuletzt hat der über die Neuauflage eines meiner Lieblingsspiele geschrieben: Kill Doktor Lucky. Das hat mich an ein anderes Lieblingsspiel erinnert, von dem ich mir wünschte, es würde noch einmal in seiner ursprünglichen Form aufgelegt werden: Wucherer. Zeitgemäß – mit Blick auf die Entwicklung der Mietpreise vielerorts – wäre es auf jeden Fall.
gehört
In Sachen gehört geht es mir offenbar wie Kollege Ulf: Auch ich höre eigentlich immer nur dieselben zwanzig Alben. Und selbst wenn mir neue Songs begegnen, die mir richtig gut gefallen, führt das längst nicht mehr wie früher zum sofortigen Studium des ganzen Albums. Noch nicht mal Immortalized von Disturbed hat es trotz des grandiosen The Sound of Silence Covers in mein CD-Regal geschafft. Aber genau genommen reden wir hier ja auch schon wieder von einem über vierzig Jahre alten Song … Bei dieser Haltung tut es umso mehr weh, wenn musikschaffende Lebensbegleiter plötzlich nicht mehr sind: Lemmy Kilmister († 28. Dezember 2015), David Bowie († 10. Januar 2016), Prince († 21. April 2016), um nur drei zu nennen. Hello darkness, my old friend…
Disturbed »The Sound Of Silence« live 28.03.2016:
Ich wünsche uns allen ein weit weniger trauriges, vor allem aber friedliches und besonnenes neues Jahr.