Machi Koro
Japanisches Würfelglück
Das Karten- und Würfelspiel Machi Koro von Masao Suganuma ist auf der Auswahlliste zum Spiel des Jahres. Wir haben das Städtebauspiel getestet.
Endlich mal eine Abwechslung von der Mittelalteritis! Zwar gibt es auch bei Machi Koro Karten mit Weizenfeldern und Bergwerken, genau so wichtig sind aber Funktürme und Einkaufszentren. Machi Koro ist eines dieser typischen Aufbauspiele, die sonst immer mit Mittelalter- und Fantasy-Themen daherkommen. Das bitte nicht nicht falsch verstehen. Fantasy ist ein potentiell großartiges Genre, aber Bauern, Burgen und Alchemisten in jedem Spiel – Abwechslung tut da not.
Städteplanung im hier und jetzt
Wir fangen bei Machi Koro mit den Karten Weizenfeld, Bäckerei, drei Pappmünzen und vier angefangenen Großprojekten an. Mit denen haben wir das Spielziel immer vor Augen, denn wer zuerst Bahnhof, Einkaufszentrum, Freizeitpark und Funkturm baut, gewinnt das Spiel. Geradezu erfrischend im Vergleich zu anderen Spielen (wie 7 Wonders), bei denen nach Spielende Punkte aus sieben Kategorien zusammengezählt werden müssen, um Gewinnerin oder Gewinner zu ermitteln. Um unsere Großprojekte zu bauen, brauchen wir Geld. Das nehmen wir ein, indem wir Geld in Unternehmen wie Möbelfabriken, Familienrestaurants oder Fernsehsender stecken und auf unser Würfelglück (und das Pech der anderen) vertrauen.
Denn bei Machi Koro können wir noch so strategisch planen: Glück gehört dazu. Wer dran ist, würfelt. Bei Zahlen auf grünen Karten profitiert man selbst. Bei Zahlen auf blauen Karten profitieren alle (mit diesen Karten). Bei Zahlen auf roten Karten müssen die Besitzer der Karten bezahlt werden. Bei lilafarbenen Karten können wir den anderen Münzen abknöpfen oder Karten austauschen. Der eigene Würfelwurf kann also auch Folgen für andere haben – und umgekehrt.
Komme, was wolle
Nach dem Würfeln und dem Einsacken der Münzen kommt das Bauen von genau einem Großprojekt oder Unternehmen. Spielt man nach den Grundregeln, liegen alle 15 Stapel mit Unternehmen-Karten offen aus. Mit genug Geld können wir also immer planen, was wir als nächstes bauen. Ist ein Stapel aufgebraucht, können solche Unternehmen nicht mehr gebaut werden. Wir haben uns schon nach dem ersten Spiel an die Variante „Komme, was wolle“ gewagt, bei der immer zehn verschiedene Unternehmen offen ausliegen. Das erhöht Glücksfaktor und Spannung. Nach dem Bauen gehen die Würfel weiter. Das geht immer so weiter, bis ein Machiko alle Großprojekte beendet hat.
Beim Würfeln vollzieht Machi Koro eine Entwicklungsstufe. Wer einen Bahnhof baut, darf mit zwei Würfeln würfeln und die Zahlen addieren. Das ändert die eigenen Gewinnchancen, aber auch die der Konkurrenz und erfordert strategische Planung. So werden beispielsweise mit zwei Würfeln Weizenfelder wertlos, da sie Profit bei einer 1 abwerfen – aber nur, wenn man keine Markthalle besitzt (Profit für jedes Weizenfeld und jede Apfelplantage bei 11 und 12) und alle anderen zwei Würfel nutzen (denn sie sind ja blaue Karten und man kriegt auch Geld bei Einser-Würfen von anderen). Durch die Einflüsse der Karten aufeinander – Die Molkerei ist nur wertvoll, wenn man Bauernhöfe besitzt. Das Einkaufzentrum erhöht den Profit von Cafés und Bäckereien – entsteht ein Geflecht von Beziehungen, das aber recht übersichtlich bleibt.
Optisch sind die Illustrationen von Noboru Hotta ansprechend, aber auch eher übersichlich. Wer also einen Designknaller oder japantastisches Eye-Candy aus Nippon erwartet, wird ein bisschen enttäuscht werden. Für knapp 12 Euro ist Machi Koro ein wirklich unterhaltsames, im besten Sinne kurzweiliges Spiel. Dankenswerterweise ohne Rittersleut’ und Dorfgesindel. Noch fehlt Fischpott der Vergleich zu den Konkurrenten The Game und Colt Express, deswegen können wir schlecht abschätzen, wie hoch die Chancen für die Wahl zum Spiel des Jahres sind. Aber die Kombination aus bekannten Elementen, einfachen aber komplexen Regeln und netter Optik könnte ziemlich genau den Massengeschmack treffen.
Alter: 8+
2-4 Mitspielende
30 Minuten Spieldauer
Disclaimer: Fischpott hat ein Rezensionsexemplar vom Kosmos Verlag erhalten.
Nebenbemerkung
Ewiger Bauboom
Spiele wie Machi Koro messen den Spielerfolg am Bau von Einkaufszentren und Bahnhöfen, ermöglicht durch den Profit aus Cafés und Bergwerken. Krankenhäuser und Kindergärten kommen nicht vor. Klar, ein Spiel kann wohl kaum die komplexen Facetten von Wirtschaft und Politik abbilden. Die zudem aus den verschiedensten Blickwinkeln betrachtet werden können. Trotzdem wäre angesichts aktueller Proteste gegen Großprojekte ein Spiel spannend, das Alternativen zur ewigen Forderung „Mehr Wachstum!“ spielbar macht.