Maleficent
„Tu’ mal lieber die Märchen!“
Märchenfilme sind derzeit der heiße Scheiß in Hollywood. Sie kosten die Studios keine Lizenzgebühren (die Brüder Grimm sind lange tot und haben die Geschichten nur aufgeschrieben, nicht verfasst) und das Publikum kennt Aschenputtel und Co. bereits. Insbesondere Disney kann mit der eigenen Märchenkompetenz punkten und hat jetzt eine Neuerzählung von Dornröschen in die Kinos gebracht. In Maleficent erzählt Regisseur Robert Stromberg das Märchen aus dem Blickwinkel der bösen Fee.
Da Prequels und Vorgeschichten ebenfalls mächtig Konjunktur haben, fängt Maleficent natürlich mit der Kindheit der Protagonistin an. Die gehörnte und geflügelte Fee beginnt ihr Dasein als zaubermächtiges Kind (Isobelle Molloy) in einem Königreich der magischen Kreaturen. Direkt nebenan liegt das Königreich der Menschen, die im Clinch mit den Feen leben. Als ein naseweiser Menschenjunge ins Feenreich eindringt, um dort Juwelen zu klauen, erwächst trotz aller Unterschiede eine Liebe zwischen Maleficent und dem Spitzbuben namens Stefan (Michael Higgins). Jahre später: Maleficent (Angelina Jolie) und Stefan (Sharlto Copley) sind erwachsen. Sie ist die Königin der Feen, er ein Diener des Menschenkönigs Henry. Bei einer Schlacht zwischen beiden Reichen verwundet Maleficent König Henry schwer. Der sterbende König verspricht dem Helden sein Reich, der ihm den Kopf der Fee bringt. Für Stefan die Chance auf den Thron, er muss nur seine einstige Liebe verraten.
Held oder Liebe?
Nach seinem plötzlichen aber unvermeidlichen Verrat wird Stefan König. Maleficent überlebt, schwört aber Rache. Nach der Geburt von Stefans Tochter verflucht sie allerdings die Prinzessin. Danach beginnt sie sich aber für die Kleine namens Aurora (Elle Fanning, Märchencracks wissen: Das ist Dornröschens Name in einer italienischen Version der Geschichte) zu interessieren. Eine Freundschaft entsteht im Schatten des furchtbaren Fluchs.

Illustration: Christiane Strauss
Wie immer, wenn die Walt Disney Company ein Märchen neu verfilmt, beruft sich der Medienkonzern auf die eigene Version. Maleficent baut also auf Dornröschen (Sleeping Beauty) von 1959 auf und zitiert die fast schon revolutionäre Optik der Vorlage. Besonders deutlich wird das bei Angelina Jolies Maleficent, die mit Hörnern und Wangenknochenprothesen zur Stilikone des Bösen wird. Aber zum Glück wird Sleeping Beauty nicht „kanonisiert“ sondern das Märchen auf angenehme Art und Weise „umgedreht“. Maleficent wird zur Antiheldin mit schlechtem Ruf und der König entwickelt sich zum eigentlichen Bösewicht, wobei der Film auf die ansonsten doch so disney-typische Schwarz-Weiß-Malerei verzichtet. Immer noch eine schöne Geschichte, vielleicht sogar eine bessere als die ursprüngliche Mär von der passiven Prinzessin und zudem noch mit sehr dezent queeren Untertönen. Und die Anti-Feen-Dornenhecke ist eine schöne Idee, kommt aber sehr zu kurz.
Genau daran leidet Maleficent. Die schönen Ideen werden von einer Flut gut gemachter, aber übertriebener Effekte ertränkt. Anscheinend kommt kein Fantasy/Märchenfilm ohne riesige Schlachtenszenen mit CGI-Ents und hunderten gepanzerten Rittern mehr aus. Maleficents Flüge durch Avatar-ähnliche Canyons, über malerische Seen mit schlammwerfenden Rüsselkobolden, umschwirrt von Glitzerfeen sind einfach zu viel der Märchenpracht. Dazu kommt die unausgewogene Mischung aus finster gemeinten und eher mühsam komischen Szenen. Die drei guten Feen landen als Comic Relief eher in der Jar-Jar-Binks-Liga als auf dem C-3PO-Level. Düsternis und Komik ergänzen sich nicht, sondern verleihen dem Film eher eine unentschlossene Richtung. Elle Fanning ist eine ausgesprochen unscheinbare Prinzessin und kommt kaum gegen Maleficents Leinwandpräsenz an. Man könnte fast meinen, es sollte bloß keine Konkurrenz für die Co-Produzentin Jolie gecastet werden. Apropos Casting: Copleys durchdringender südafrikanischer Akzent fällt in der Originalversion stark auf. Was in seiner Rolle als Söldner in Elysium noch ein besonderes Etwas verleiht, wirkt beim Märchenkönig eher deplatziert.
Dazu kommt ein wenig durchdachter Plot; der Bösewicht ist Maleficent kein bisschen ebenbürtig und der Konflikt hätte auch schon eine Stunde früher gelöst werden können. Das größte Vergnügen im Film ist es, Angelina Jolie 97 Minuten dabei zuzuschauen, wie sie voller Spielfreude im bizarren Feenkostüm alle anderen an die Wand spielt.
Disclaimer: Fischpott hat eine Pressevorführung in 3D und im Originalton besucht.