Pelikanblut
Auf dem Cover prangen die Begriffe Arthouse, Hereditary und Midsommar. Aber ob Filmemacherin Katrin Gebbe auf den Spuren vom gefeierten Horror-Regisseur Ari Aster wandelt oder im Treibsand abseits des Weges versinkt? Wir gehen der Sache für euch auf den Grund.
Bevor wir allerdings knietief im Pelikanblut versinken erst einmal kurz etwas zur Handlung. Wiebke Landau (Nina Hoss) hat einen Pferdehof, wo sie zusammen mit ihrer 9-jährigen Adoptivtochter Nicolina (Adelia-Constance Giovanni Ocleppo) lebt. Da aller guten Dinge bekanntlich 3 sind, beschließt sie, ein weiteres Kind aus Rumänien zu sich zu nehmen. Die Wahl fällt auf die 5-jährige Raya (Katerina Lipovska). Schnell stellt sich heraus, dass Raya kein gewöhnliches Kind ist.
Das Glück der Erde…
Ihren Pferdehof nutzt Wiebke gerade vorrangig, um die Reiterstaffel der nächsten Bereitschaftspolizei zu trainieren. Da schwenken „Demonstranten“ Antifa-Fahnen und Rauchfackeln. Die Pferde müssen ruhig bleiben. Und ich an den dummen Witz denken, dass die Polizei bei rechten Demos leider nichts machen kann – die Demonstranten hatten keine Antifa-Fahne dabei. Ein Pferd macht dabei allerdings Probleme: Top Gun, das ganz Maverick-Style eigenwillig ist und erstmal ordentlich mit der Reiterin bonden muss. Bald steht die Eignungsprüfung an und bis dahin muss das löppen.

Raya hingegen ist von Anfang an seltsam. Sie steckt Essen vom Abendbrottisch in die Tasche. Malt komische Silhouetten an die Wand in ihrem Kinderzimmer. Ist aufmüpfig und beschmiert auch schonmal das Badezimmer mit Kacka. Leicht hat es Wiebke in Pelikanblut nicht. Auch beim Besuch anderer Eltern mit ihren Adoptivkindern (wir überlegten, ob es da wohl eine Community im Internet gibt. Aber ja, wäre komisch, wenn nicht oder?) gibt es Auffälligkeiten. Laut Wiebkes Kinderpsychologen (Sebastian Rudolph) hat Raya eine verkümmerte Amygdala. Die ist für das emotionale Befinden extrem wichtig und Raya hat kein ebensolches. Das ist natürlich ein Problem.
Hurra, Hurra die Bude brennt!
Als Raya dann auch noch Feuer legt weiß Wiebke, dass sie dringend mehr als Tipps vom Psychologen braucht. Sie beschließt erstmal, Raya zu ermöglichen, ihre Phase als Baby neu zu durchleben. Vielleicht gab es da ja Defizite. Auch über Rayas Vergangenheit findet Wiebke das eine oder andere heraus. Illegale Tabletten aus dem Internet werden auch zu Rate gezogen, genauso wie Bewegungsmelder und ganz viel Liebe. Eine Pelikanmutter füttert ihre Jungen übrigens einer Überlieferung nach mit ihrem eigenen Blut. Pelikanblut also. Ein entsprechendes Gemälde sehen wir direkt am Anfang des Films.

Wiebke ist aber auch nicht bereit, Raya loszulassen. Sie will dieses seltsame, aggressive und verstörende Kind retten. Unbedingt. Der letzte, der am Ende noch zu ihr hält, ist Polizist Benedikt (Murathan Muslu). Er ist auch der einzige, den Wiebke halbwegs an sich ran lässt. Warum sie lieber mit sich und den Kindern allein ist, wird in Pelikanblut nicht erklärt. Man konzentriert sich lieber auf die Ereignisse und ihre Konsequenzen.
Pelikanblut – Fazit
Die Schauspieler (vor allem Nina Hoss, Adelia-Constance Giovanni Ocleppo und Katerina Lipovska) machen ihre Sache gut und überzeugen. Die Kameraarbeit ist auch gut, vor allem weil sie eher dezent und klassisch ist. Es gibt keine hektischen Schwenks oder extravangante Kamerafahren. Etwas Gewackel kann man sich aber nicht verkneifen. Mich nervt das inzwischen, auch auf Reddit wird über diese Technik diskutiert, es gibt sogar Presets in Schnittprogrammen, um eine Shaky-Cam zu simulieren. Musik gibt es in Pelikanblut kaum, was ich echt gut fand. Jump Scares gar keine. Wir haben es hier eher mit einem ruhigen Thriller zu tun, der eher subil spannend ist. Ähnlich wie der hier schon vorgestellte Borgman. Der oben genannte Vergleich mit Hereditary (gar nicht) oder Midsommar (vielleicht ein ganz wenig) hinkt auf jeden Fall.

Die Blu-Ray kommt mit Wendecover daher, ist ab 16 Jahren freigegeben und ungeschnitten. Der Ton ist gut abgemischt und in Szenen, wo das nötig ist, auch schön räumlich. Die Bildqualität ist sehr gut. Ihr bekommt mit Pelikanblut auf jeden Fall 127 spannende Minuten geboten.
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